Wien - Zuerst kamen die Gewerkschafter heraus aus dem Beamtenministerium und durften zu ebener Erd' im Innenhof den Medienvertretern mit einer Mischung aus Enttäuschung und Wissen um gewerkschaftliche Spielräume auch nach einem Verhandlungsabbruch erklären, was oben im zweiten Stock vorgefallen ist: Die 35. Verhandlungsrunde mit der Regierung über ein neues Lehrerdienstrecht ist gescheitert. Nach rund vier Stunden war klar, dass es keine Einigung gibt und die Regierung heute, Dienstag, das neue Dienstrecht im Ministerrat ohne Zustimmung der Gewerkschaft im Alleingang beschließen wird.
Damit geht ein Ringen zu Ende, das im vergangenen Jahrzehnt begonnen hat. Denn bereits 2001 kündigte die damalige Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer ein neues System der Lehrerbesoldung an. Nun hofft die noch amtierende Regierung, "das attraktive Gesamtpaket noch vor Weihnachten" im Parlament beschließen lassen zu können, sagte Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), flankiert von den Staatssekretären Reinhold Lopatka (ÖVP) und Josef Ostermayer (SPÖ), die bei der letzten Runde als Verstärkung dabei waren.
Beratungen am Mittwoch
Chefverhandler Paul Kimberger (Fraktion Christlicher Gewerkschafter) kündigte im Ö1-Morgenjournal am Dienstag an, dass die Gewerkschaft am Mittwoch bei der Bundeskonferenz des GÖD über die "richtigen und notwendigen Schritte" beraten will. Zu welchen Maßnahmen genau es kommen wird, wisse er selbst noch nicht. Die Gewerkschafter werde sich aber in den parlamentarischen Prozess einbringen.
Kleine Nachschärfungen
Die Regierung will den Lehrern aber bestenfalls noch "kleine technische Nachschärfungen" im Rahmen des parlamentarischen Prozesses zugestehen - aber nur, "wenn sie keine Mehrkosten verursachen", sagte Heinisch-Hosek: "Wir mussten leider feststellen, dass ein aufeinander Zubewegen nur einseitig erfolgt ist. Nur mehr Gehalt zu bieten und nicht mehr Zeit mit den Kindern zu verlangen, konnten wir gegenüber anderen Berufsgruppen nicht rechtfertigen."
Das ursprüngliche Angebot der Regierung - etwa das neue Einstiegsgehalt bei 2400 Euro, eine flachere Gehaltskurve und die mögliche Reduktion der künftig für alle Lehrer geltenden 24 Stunden Unterrichtspflicht um zwei Stunden für jene Lehrer, die Klassenvorstand oder Mentor sind oder Lernbetreuung und Beratung leisten - hätte bedauerlicherweise "keinen Anklang gefunden".
Leistungsfeindlich
Kein Wunder, hieß es seitens der Lehrervertreter. Kimberger, aber auch AHS-Lehrergewerkschaftschef Eckehard Quin (beide Fraktion Christlicher Gewerkschafter) kritisierten, dass die Regierung an ihrem alten Angebot nichts verändert habe, außer kleinen Details. Diese "leistungsfeindlichen, dienstnehmerfeindlichen Maßnahmen" werde man bekämpfen, sagte Quin.
Enttäuscht waren auch die sozialdemokratischen Gewerkschafter: Pflichtschullehrervertreter Thomas Bulant sagte: "Großer pädagogischer Wurf ist es leider nicht geworden." Man hoffe nun auf die Parlamentarier.
Das Wort Streik nahm (noch) keiner der Vertreter der fünf Lehrergewerkschaften in den Mund. Allerdings wurde der gewerkschaftliche Prozess zur Streikvorbereitung in einer 50-minütigen Pause während der Verhandlung in Gang gesetzt: Für Mittwoch ist die GÖD-Bundeskonferenz einberufen. Einen Streikbeschluss müsste dann der ÖGB fassen.
Das nicht angebotene Angebot
Eine Groteske hat sich offenbar um das in den Tagen zuvor von ÖVP-Verhandler Lopatka offensiv angebotene Entgegenkommen bei der Arbeitszeit für zwei zusätzliche Abschlagsstunden für betreuungsintensive Fächer für AHS- und BMHS-Lehrer zugetragen. Denn dieses "Angebot" wurde bei der Verhandlung von der Regierung erst gar nicht vorgelegt, bestätigte BMHS-Vizevorsitzender Heinrich Himmer dem STANDARD.
"Eine Forderung sollte immer der stellen, der sie hat", sagte Regierungsverhandler Ostermayer dazu. Auch Lopatka meinte: "Die Gewerkschaft hat gewusst, dass es noch Spielraum geben könnte", nur habe sie diesen Punkt nicht offensiv urgiert. "Wäre diese Forderung von den Lehrern gekommen, hätten wir sie eingehend beraten", meinte Heinisch-Hosek. Von sich aus habe die Regierung dieses Angebot dann nicht mehr auf den Tisch gelegt, weil sie sich schon genug bewegt habe. Irgendwann gelte: "Der Bewegung genug!"
Die kann es nun noch im Parlament geben - oder auf der Straße. Denn BMHS-Gewerkschaftsvorsitzender Jürgen Rainer betonte ausdrücklich: "Meine Lehrer sind kampfbereit." Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 19.11.2013)