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Begräbnis eines bei den Ausschreitungen am Freitag ums Leben gekommenen Demonstranten.

Foto: EPA/SABRI ELMHEDWI

Tripolis - Die Sicherheitslage in Libyen gerät immer weiter außer Kontrolle: Am Sonntag legte ein Generalstreik das Leben in der Hauptstadt Tripolis weitgehend lahm, Demonstranten besetzten den Saal des Parlamentsgebäudes und Unbekannte entführten den Vizechef des Geheimdienstes, Mustafa Nuh. Hintergrund sind die blutigen Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Milizen vom Freitag, bei denen 43 Menschen getötet und mehr als 450 verletzt wurden.

Obwohl der Sonntag in Libyen für gewöhnlich ein Arbeitstag ist, blieben die meisten Banken und Geschäfte geschlossen, auch in etlichen Schulen ruhte der Unterrichtsbetrieb. Stadtratspräsident Sadat Al-Badri kündigte eine "Kampagne des zivilen Ungehorsams" an, "bis diese Milizen abziehen".

Demonstranten besetzten den Saal des Nationalkongresses - eines Übergangsparlaments, das nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar al-Gaddafi gewählt worden war. Die Besetzung erfolgte gewaltlos, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP beobachtete. Die Sicherheitskräfte ließen die Demonstranten zunächst gewähren, sie schritten erst ein, als immer mehr Menschen in den Saal drängten.

Dretägiger Generalstreik

Vize-Geheimdienstchef Nuh wurde von Unbekannten entführt, als er gerade von einer Auslandsreise zurückgekehrt war. Im Oktober hatten Milizionäre den libyschen Regierungschef Ali Zeidan entführt und stundenlang festgehalten, bevor sie ihn freiließen.

Der Stadtrat von Tripolis rief zu einem dreitägigen Generalstreik auf, der am Sonntag begann. Es handele sich um ein "Zeichen der Trauer und der Solidarität" mit den Angehörigen der 43 am Freitag Getöteten, hieß es in einer Erklärung. Die Bürger wurden zu "Ruhe und Besonnenheit" ermahnt, damit Vermittler sich um eine Beilegung des Konflikts kümmern könnten.

In der Altstadt von Tripolis sowie in den Vorstädten Fashlum, Tadshura und Jansur waren fast alle Geschäfte geschlossen. An einigen Stellen wurden aber Lebensmittel verkauft, auch Cafés waren geöffnet. Ein Sprecher der Bildungsministeriums sagte, dass "leider etliche Schulen geschlossen" geblieben seien, obwohl das Ministerium zum regulären Unterricht aufgerufen hatte.

Die Gewalt war am Freitagabend nach einer zunächst friedlichen Demonstration gegen die mächtigen Milizen in Libyen eskaliert, als aus dem Hauptquartier einer Miliz Schüsse auf die Demonstranten abgefeuert worden waren. In einem östlichen Vorort von Tripolis gab es am Samstag neue Kämpfe zwischen bewaffneten Milizen, bei denen mindestens ein Mensch getötet wurde.

Nach dem Sturz Gaddafis im Jahr 2011 waren die Milizionäre zunächst als Helden gefeiert worden. Sie weigern sich jedoch bis heute, ihre Waffen abzugeben oder sich in die neuen Sicherheitskräfte einzugliedern.

Die Wut auf die Milizen hatte am Freitag viele hundert Menschen auf die Straßen getrieben. Imame und der Mufti von Tripolis hatten sich zuvor in den Freitagsgebeten hinter die Stadtregierung gestellt und zu den Protesten aufgerufen. Die Demonstranten zogen mit weißen Flaggen als Zeichen ihrer Friedfertigkeit sowie mit Landesflaggen auf die Straße und sangen gemeinsam die Nationalhymne.(APA, 17.11.2013)