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Sieben Tage dauerte es, bis die Helfer in entlegene Gebiete vordrangen. Neben Aufräumarbeiten sind die Telefon- und Internetverbindungen wichtig. Darum kümmern sich erste Teams.

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Jürgen Kunert vom Roten Kreuz verantwortet die Logistik bei Katastropheneinsätzen.

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Tacloban/Wien – Während die Sensationsmeldungen nach einer Katastrophe wie dem Taifun auf den Philippinen nach den ersten Tagen wieder abklingen, wird das Ausmaß der Zerstörung erst langsam sichtbar, das über Schlagzeilen hinausgeht. Mindestens 240.000 Häuser wurden zerstört, etwa 600.000 Menschen wurden obdachlos, viele sind verletzt und traumatisiert. Doch wie kann Hilfe für Millionen Menschen organisiert werden, wenn es weder Strom noch Straßen gibt? Und wie koordinieren die zahlreichen Hilfsorganisationen ihre Tätigkeiten untereinander, ohne sich in die Quere zu kommen?

Frühwarnsysteme an erster Stelle

Egal, ob die Katastrophe nun durch einen Taifun, ein Erdbeben oder eine Dürre ausgelöst wird – an erster Stelle stehen die Frühwarnsysteme. "Und die werden immer besser und zuverlässiger", erklärt Walter Hajek, Leiter des internationalen Katastrophenmanagements beim Roten Kreuz.

Auch vor Haiyan wurde Tage zuvor gewarnt, die philippinischen Behörden organisierten Massenevakuierungen. Gleichzeitig wurden lokale Hilfsorganisationen vorbereitet und über das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) erste Aufrufe verschickt. Bereits am Tag vor dem Eintreffen von Haiyan wurden Helfer für Logistik, Wasser- und Sanitäranlagen und für deren Verteilung per SMS angefordert, zeigt Hajek auf seinem Smartphone. Währenddessen arbeiten die lokalen Einheiten vor Ort; das philippinische Rote Kreuz verfügt über rund 2000 freiwillige Helfer und einige Hundert Hauptaktive.

Am 9. November, am Tag danach, wurde der Alarm um die Themen Gesundheit und Unterkunft erweitert, die lokalen Einheiten prüfen Finanzierung und Verfügbarkeit und melden zurück, wie viele Experten sie entsenden können.

In 24 Stunden vor Ort

Aus diesen Informationen werden die sogenannten FACT-Teams ("Field Assessment and Coordination  Team" ) zusammengesetzt, die, bestehend aus fünf bis  zehn Fachkräften, binnen 24 Stunden im Flugzeug sitzen. Jeder Einzelne von ihnen ist so ausgerüstet, dass er einen Monat völlig autark arbeiten kann. Sprich: Sie brauchen weder Unterkunft noch sonstiges Equipment. Ihre Hauptaufgabe ist Schadensevaluierung. Mindestens einmal am Tag schicken sie Berichte, aus denen die längerfristige Planung hervorgeht.

Neben den lokalen Einheiten und dem FACT-Team kommen bei Katastrophen als dritte Säule die ERUs ("Emergency Response Units" ) zum Einsatz. Diese Teams, die zum Beispiel für Logistik, Hilfsgüterverteilung oder IT & Telekommunikation zuständig sind, müssen zwischen 48 und 72 Stunden danach starten. Das Österreichische Rote Kreuz etwa verfügt über drei komplette ERUs für Wasseraufbereitung- und Sanitäranlagen – für die Vermeidung von Seuchen und Infektionskrankheiten ein zentrales Instrument. Zwei Typen gibt es davon: eine für die Versorgung von 15.000 Menschen, die größere für 40.000.

Mindestens 18 Monate bis zum Wiederaufbau

Zu Buche schlägt bei allem der Transport: Ein Flug mit einer Frachtmaschine von Wien nach Manila kostet zwischen 80.000 und 150.000 US-Dollar, erklärt Jürgen Kunert, Leiter von Einkauf und Logistik. Deswegen wird so viel Material wie möglich in der Region oder über das Logistik-Zentrum in Dubai beschafft. Drehscheibe innerhalb des Roten Kreuzes ist das IKRK in Genf, das über den Nothilfefonds auch die Vorfinanzierung sichert. In Österreich wurden 500.000 Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds der Bundesregierung zugeschossen, der Rest kommt aus Spenden.

Vor Ort koordinieren die UN die verschiedenen Hilfsorganisationen untereinander, damit es keine Doppelgleisigkeiten gibt. Nach derzeitigem Stand wird es mindestens 18 Monate dauern, bis der Wiederaufbau abgeschlossen ist. (Julia Herrnböck, DER STANDARD, 16./17.11.2013)