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Schreiben, sagte Max Frisch, heiße sich selber lesen. Der freundliche Herr mit Lederjacke und kleidsamem Schreib-T-Shirt wurde bei der Buchmesse Leipzig fotografiert.

Foto: Jan Woitas/dpa

Wien - Der letzte editorische Wille des Philosophen Arthur Schopenhauer - wie sollte es bei dem einsamen Meister der "sackgroben Form" auch anders sein - ist in Form einer Verwünschung auf uns gekommen. "Meinen Fluch über Jeden, der, bei künftigen Drucken meiner Werke, irgend etwas daran wissentlich ändert, sei es eine Periode, oder auch nur ein Wort, eine Silbe, ein Buchstabe, ein Interpunktionszeichen."

Natürlich hielt sich keiner der künftigen Herausgeber an das Testament des 1860 verstorbenen Philosophen des "Heulens und Zähneklapperns". Was Schopenhauer - der sich darüber aufregte, dass viele Menschen Bücher nach ihrer Dicke einschätzen würden, gerade so, "als ob sie geschrieben wären, die Arme und nicht die Köpfe daran zu üben" - zum urheberrechtlichen Selbstbedienungsladen Internet und unserer Ära des Copy-and-paste sagen würde, kann man sich vorstellen.

Ruhe im und mit dem Buch

Und trotz aller Wüterei ging es Schopenhauer doch immer auch um die Kunst des kontemplativen Lebens, was heute, in einer Zeit, deren neue Pest Eile heißt, aktueller denn je scheint. Finden kann man diese Ruhe - auch - in und mit Büchern. Apropos Pest: Das Lesefieber, das in Wien schon diese und letzte Woche mit den Erich-Fried-Tagen und der "Literatur im Herbst" im Steigen begriffen war, erreicht nun mit der Lesefestwoche (18. bis 24. November) und der internationalen Buchmesse Buch Wien (21. bis 24. November) seinen Höhepunkt.

Ferdinand von Schirach, dessen neuer Roman Tabu sich mit Erinnerung sowie der Macht und den Illusionsräumen von Kunst auseinandersetzt, eröffnet Montag die Lesefestwoche im Rathaus. Und am Mittwoch, dem 20. November, wird dann um 19 Uhr in der Halle D der Messe Wien (U2, Station Krieau) die Buchmesse eröffnet.

Unter anderem wird die deutsche Autorin und Büchnerpreisträgerin Sibylle Lewitscharoff zu diesem Anlass eine Lanze für das Lesen brechen. Dazu finden kommende Woche an zahlreichen, über die ganze Stadt verteilten Veranstaltungsorten mehr als 300 Autorenlesungen statt, viele davon auf den sieben Bühnen der Buch Wien, die erneut gewachsen ist, und zwar auf 8800 Quadratmeter, wobei eine leichte Ausstellerzunahme zu verzeichnen ist (von 280 auf 300 Aussteller).

Trotzdem scheint man mit der sechsten Ausgabe der Buch Wien auf einem guten Weg zu sein. Das Kinderprogramm auf der Messe erfreut sich großer Beliebtheit, und zwar nicht nur bei kleinen Lesern. Eines der Highlights für Jugendliche ist die Lesung von Jostein Gaarder (20. 11., 11 Uhr, Hauptbücherei Wien), der in seinem neuen Buch 2084 - Noras Welt Fragen zum Zustand und vor allem zur Zukunft unserer Welt stellt. Kindern ab sechs sei die Lesung (mit Musik und Tanz) des Autors Patrick Addai (19. 11., 10 Uhr, Freyung 3) empfohlen.

Erfreulicherweise wird auf der Messe mit der "Donau-Lounge" auch der langjährige Fokus auf die Literaturen Ost- und Südosteuropas weiter ausgebaut und mit Diskussionen und Lesungen (u. a. von István Kemény und Viktor Jerofejew) stärker konturiert. Die Eintrittspreise für die Messe bleiben unverändert. Eine Tageskarte kostet sieben Euro, wobei man in Buchhandlungen (Liste auf der Homepage der Buch Wien) einen Lesepass holen kann, der zu ermäßigtem Eintritt (4,50 Euro) ermächtigt. (Stefan Gmünder, DER STANDARD, 16./17.11.2013)