Pferdefleisch statt Rindfleisch, Streusalz statt Speisesalz, Eier aus Käfighaltung statt Bio-Eier: Dem zunehmenden Lebensmittel-Betrug will das Europaparlament einen Riegel vorschieben.

Die EU-Mitgliedstaaten sollten enger zusammenarbeiten und bei grenzüberschreitenden Fällen systematisch mit Europol kooperieren, heißt es in einem Berichtsentwurf aus dem Ausschuss für Lebensmittelsicherheit des Parlaments, den die niederländische Europaabgeordnete Esther de Lange als Berichterstatterin erstellt hat. Das Parlament ist demnach "besorgt über Signale", wonach die Zahl der Betrugsfälle steigt und wonach dies "eine strukturelle Schwäche in der Lebensmittelkette widerspiegelt".

Dem Berichtsentwurf zufolge, der der Nachrichtenagentur AFP am Freitag vorlag, stellt das Europaparlament eine große Bandbreite beim Lebensmittelbetrugs fest: Wichtige Inhaltsstoffe würden durch billigere ausgetauscht, Tierarten in Produkten falsch gekennzeichnet, Gewicht falsch ausgezeichnet, gewöhnliche Lebensmittel als Bio verkauft oder Zuchtfisch als Fisch aus Wildfängen angepriesen. In einer Rangliste werden als besonders betrugsgefährdete Produkte Olivenöl, Fisch, Bio-Produkte, Getreide, Honig, Kaffee und Tee, Gewürze, Wein, bestimmte Fruchtsäfte und Milch aufgelistet.

Hoher Gewinn bei geringem Risiko

Als Gründe für den zunehmenden Lebensmittelbetrug nennt die konservative Abgeordnete de Lange in ihrem Berichtsentwurf den hohen Gewinn bei geringem Risiko, entdeckt zu werden. Es gebe geringe Sanktionen und große Unterschiede zwischen den EU-Ländern. Hinzu kämen Wirtschaftskrise, Sparmaßnahmen bei Kontrolleuren sowie der Druck durch Händler, Lebensmittel noch billiger herzustellen.

Obwohl die EU insbesondere nach dem Skandal um Pferdefleisch bereits verschärfte Maßnahmen eingeleitet hat, fordert die Abgeordnete in ihrem Bericht, die Kontrollen noch zu erweitern und den Fokus nicht nur auf Gesundheit und Sicherheit, sondern auch auf Lebensmittelbetrug zu richten. Dazu müsse EU-weit definiert werden, was Betrug sei. Das Lebensmittel- und Veterinäramt der Kommission (FVO) solle gestärkt werden. Auch die Vorschriften zur die Kennzeichnung von Händlern sollten überprüft werden.

Eine Pflicht für Unternehmer, Betrugsverdachtsfälle zu melden, könnte mehr Fälle im Frühstadium aufdecken, schlägt de Lange vor. Generell sollte sich die Einstellung in der EU von einem Verwaltungs- und Veterinäransatz zu einem Polizeiansatz verändern. Außerdem sollten die Strafen auf mindestens den doppelten Betrag des mit dem Betrug geplanten Gewinns erhöht und Unternehmen im Wiederholungsfall die Registrierung entzogen werden.

"Die Betrugsfälle sind zwar nicht gesundheitsschädlich", sagte de Lange im Gespräch mit "Spiegel Online". Doch werde Verbrauchervertrauen beschädigt. Dabei verwies sie auch auf Gerüchte, wonach angeblich manche Tintenfischringe nicht aus Calamari, sondern aus in Ringen geschnittenen Schweinedärmen gemacht sein sollen. Europäische Supermärkte hätten Calamari auf eine Liste der am stärksten betrugsgefährdeten Produkte gesetzt, berichtete die Abgeordnete. Klar ist laut de Lange aber: Die Gesetzgebung in Europa "ist derart zerstückelt, dass Lebensmittelbetrug viel zu einfach ist". (APA, 15.11.2013)