Für die Herrschenden aus Wirtschaft und Politik ist sehr wichtig, sich ab und zu unter das Fußvolk zu mischen, um die Verbindung nicht zu verlieren. Deswegen beglückt man uns immer wieder mit Fotos von Politikern, die heulende Babys vor der Kamera herzen. Oder Firmenchefs beehren die Hackler in der Fabrikshalle, um den Hauch des echten Lebens zu erschnuppern. Schwierig wird so ein Unterfangen immer dann, wenn abgehoben die Realität ignoriert wird.

Das erfährt die Investmentbank JP Morgan gerade am eigenen Banker-Leib. Irgendjemand in der PR-Zentral hatte eine Super-Idee: "Wir machen was mit Twitter, da sind die jungen und hippen Menschen. Und das ist gratis. Und an die Börse sind die auch gerade gegangen." So oder so ähnlich dürfte es abgegangen sein, bevor der Hashtag #askJPM geboren wurde.

 

It’s a #TwitterTakeover: On 11/14 $JPM Vice Chairman, Jimmy Lee, takes over @JPMorgan to answer questions. Use #AskJPM to tweet a question.

— J.P. Morgan (@jpmorgan) November 11, 2013

 

Am 14. November sollte Vize-Chef von JP Morgan Fragen der Twitteria beantworten. Das war der Plan. Doch es kam anders. Weil offenbar niemand bei JP Morgan sich bewusst darüber war, dass das Image der Investmentbank  – sagen wir es vorsichtig – nicht besonders gut ist.

Anfang Oktober wurde das nach Börsenwert zweitgrößte Geldhaus der USA zu einer Strafzahlung im Libor-Skandal und zu Strafzahlungen wegen fragwürdiger Hypothekenkredite verdonnert. Die Bank war in die Zinsmanipulation verstrickt. Vergangenes Jahr machte JP Morgan von sich reden, als ein Londoner Händler der Bank 6,2 Milliarden Dollar mit Derivaten verzockt hatte. Davor galt JP Morgan durchaus als weißes unter vielen schwarzen Schafen. Doch das Blatt hatte sich gewendet. Was zu den Herren und Damen, die den Twitter-Chat ersannen, aber noch nicht vorgedrungen sein dürfte.

Auf Twitter ergoss sich jedenfalls Spott und Häme über das Geldhaus.

Hier eine kleine Auswahl: "Gab es eine vorgegebene Zahl an Menschen, deren Leben Sie ruinieren sollten, bevor Sie Ihr Geschäftsmodell als Erfolg bezeichnen konnten?" - "Wie viel Blut trinken Ihre Manager monatlich?" - "Wird Ihr Unternehmen neue Märkte erschließen, zum Beispiel mit Süßigkeiten besicherte Anlagen an Kinder verkaufen?" - "Stimmt es, dass JPM die Abkürzung für Just Pay More (Zahl einfach mehr) ist?" Den Rest kann man hier nachlesen.

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(Daniela Rom, derStandard.at, 15.11.2013)