Geschichtenvogel Roberto Spazzo ist der Oberboss der Geschichtenbox. Mit einem Kontingent an Gratis-Texten sollen auch Eltern zum Erzählen ermuntert werden.

Foto: geschichtenbox.com

Wien - Wenn der Nachwuchs demnächst wieder einmal krank ist, muss das nicht zwangsweise etwas Schlechtes sein. Jedenfalls nicht nur. Zumindest wenn damit der nächste Besuch beim Kinderarzt ansteht. 

Rund 415 von ihnen nehmen seit Dienstag nämlich österreichweit an der "Initiative Vorlesen" teil. Die Idee dahinter ist simpel: Wer ab Dienstag einen Termin beim Kinderarzt ausmacht, bekommt von diesem eine Geschichtenwertkarte für 33 Texte aus der Geschichtenbox. Die ist nämlich das zentrale Tool eines Projektes, das sich die Wiederbelebung der Kommunikation zwischen Eltern und Kindern zum Ziel gesetzt hat .

Online Geschichtensuchmaschine

Entwickelt von Erzähler Folke Tegetthoff ist die Geschichtenbox eine Art "online Geschichtensuchmaschine", bei der nach Alter, Vorlieben und Lesedauer sortiert, passende Texte für Kinder ausgewählt werden können. Die Geschichtenbox rühmt sich, "über 3600 Geschichten" von "qualitätsvollen und renommierten Kinderbuchautoren" im Sortiment zu haben. Und das ist mit Beiträgen von Käthe Recheis, Ursel Scheffler, Lene Mayer-Skumanz, sowie klassischen Märchen - etwa von den Gebrüdern Grimm - auch gelungen.

He, vorlesen!

Was in Zeiten der Email-, und Textmessageflut etwas enervierend sein könnte, ist die automatisierte Email-Erinnerung an Eltern mit dem Inhalt: "He, du hast heute noch etwas Wichtiges zu tun: Deinem Kind eine Geschichte vorzulesen!" Aber schließlich geht es der "Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde" laut deren Präsident, Reinhold Kerbl, ja auch darum der konstatierten "Sprachlosigkeit" innerhalb der Familien entgegenzuwirken.

Mit der täglichen Lese-Viertelstunde werde nicht nur die Eltern-Kind-Bindung gestärkt, sondern die Gesamtentwicklung des Kindes gefördert, sind sich die Mediziner sicher. Dabei verweisen sie auf eine Vorlesestudie der deutschen "Stiftung Lesen" aus dem Jahr 2011. Demnach würden Kinder und Jugendliche, denen in der Kindheit viel vorgelesen wurde "häufiger, länger und mit mehr Spaß" lesen. Zudem seien sie "im Durchschnitt eine drittel Schulnote besser", sowie "musisch, kreativ und körperlich aktiver" als Kinder, die ohne tägliche Geschichte aufgewachsen sind.

Nur kein Stress

Wer bei so viel potenziellen Möglichkeiten ins Zweifeln gerät, ob die eigenen Lesekünste all diese Versprechen einlösen können, dem rät Experte Tegetthoff: "Setzen Sie sich nicht unter Druck, lustig, weise oder gut sein zu müssen." Es gehe darum, authentisch zu sein und mit dem Kind in die Geschichte einzutauchen. (riss, derStandard.at, 19.11.2013)