Wien - "Ich sehe Zukünfte kämpfen und unterliegen", schnarrt ein Roboter, der die Menschheit bei ihrem Untergangstreiben beobachtet, in der Performance Robotermärchen oder Traum und Terror von Bülent Kullukcu, Anton Kaun und Dominik Obalski, die gerade in der Garage X uraufgeführt worden ist. Auf einer Bühne in der Bar des Theaters ist eine ganze Welt aus winzigen Figürchen in diversen Situationen aufgebaut: auf Treppen, in Landschaften, bei Häuschen. Seltsame Skulpturen, zwei Plattenspieler und Soldaten.

Drei Videoprojektionen flackern auf. Eine Kamera irrt durch enge, sinistre Gassenhöhlen mit Gittern, Kabeln, einigen chinesisch beschrifteten Schildern. Die Aufnahme zeigt 11.23 Uhr vormittags. In guter Stimmung ist der unsichtbar bleibende Roboter nicht. Er fürchtet, hier bis zum bitteren Ende gefangen zu bleiben.

Sobald eine kleine Live-Kamera in die Welt auf dem Tisch eindringt, tauchen ein weißes Männchen und ein Pudel auf. Dann ein paar bieder angezogene Leute, ein Schütze mit Gewehr. Die Projektoren verwandeln die geheimnisvolle Miniaturwelt, durch die der Kameramann navigiert, in eine virtuelle Realität.

Der Roboter spricht von der Evolution und ihren "Voraussetzungen für den Völkermord". Totenköpfchen tauchen auf. "Ideen und Wörter zu töten, das übersteigt alle Intelligenz", wundert sich der Roboter über die Menschen. Düstere Geschichten begleiten die Bilder. Eine Abfolge banaler oder erschreckender Situationen, die das Bedrohliche hinter unserem Alltagsgetriebe sichtbar machen.

In Menschen sieht die unromantische Maschine bloß "Fleischmaschinen", die sich aufeinanderlegen und ruckeln, damit neues Fleisch keimen kann. Der Witz an diesem Posthumanismus: Die Ernüchterung ist Warnung. Karl Jaspers' Diktum vom "Menschsein ist Menschwerden" taucht auf. Weiteres Textmaterial stammt von Joseph Beuys, Albert Camus und Stanislaw Lem. Die akribisch inszenierte Miniaturwelt hat der bildende Künstler Bülent Kullukcu geschaffen. Musik, Dramaturgie und Video sind das Werk von Anton Kaun und Dominik Obalski. Eine brillante Arbeit, die am 30. 11. auch in München gezeigt wird. Sie ist die Reise wert. (Helmut Ploebst, DER STANDARD, 15.11.2013)