33.353 Ausländer sind laut saudischen Behörden bei einer großangelegten Behördenaktion seit 4. November verhaftet worden, 14.304 davon wurden laut Gefängnisbehörde bereits deportiert. Noch viel mehr sind untergetaucht oder aus Angst geflüchtet.
"Saudifizierung" der Wirtschaft
Der Plan hinter den Razzien gegen Arbeitsmigranten ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung ist wie berichtet die "Saudifizierung" der Wirtschaft des Königreiches. Die Zeitung Saudi Gazette schreibt von 150.000 freien Stellen allein im letzten Monat. Ob sie auch mit saudischen Arbeitnehmern besetzt werden können, ist jedoch zweifelhaft. Dieselbe Zeitung berichtet, dass die Hälfte aller Baufirmen wegen Mangel an ausländischen Arbeitskräften schließen musste. Der Anteil an saudischen Arbeitskräften im Bausektor ist in den letzten sieben Monaten - seitdem die neuen, strengeren Gesetze in Kraft sind - sogar gesunken.
Um die Stellen mit Saudis zu füllen, plant die Regierung in Riad 300 Berufsbildungszentren einzurichten. Ob das in manchen Sektoren jedoch zum Erfolg führt, zweifeln viele Industriegrößen im Königreich an. Ra'ed al-Eqaili von der Handelskammer in Dschidda glaubt, dass viele seiner Mitbürger davor zurückschrecken werden, aufgrund der harten Arbeitsbedingungen einen Job im Bausektor anzunehmen. Im Bausektor "ist es nötig, manchmal in entlegene Gegenden zu fahren. Viele Saudis hätten aber lieber einen Job im administrativen Bereich", sagte al-Eqaili der Saudi Gazette.
Diese Bedenken lassen die Behörden unbeeindruckt, die Verhaftungswelle geht unvermindert weiter. Nach den Krawallen vom Wochenende, bei denen zwei Personen starben, haben sich 17.000 Äthiopier der saudischen Staatsmacht ergeben. In Mekka wurden Anfang der Woche 500 Afrikaner zusammengetrieben und festgenommen, nachdem sie mit ihren Familien aus Protest den Straßenverkehr behinderten. Sie forderten ihre ordnungsgemäße Repatriierung in ihre Heimat. Den Tag zuvor forderten hunderte Philippiner, die mit ihren Frauen und Kindern in der Heiligen Stadt gestrandet waren, das gleiche.
Rassismus
So offensichtlich der Bedarf an ausländischen Arbeitskräften ist, so offensichtlich wurde die vergangenen Tage auch der Rassismus, der im Verhältnis zwischen vielen Saudis und ihren Gastarbeitern mitschwingt. Arbeiter aus Dritte-Welt-Ländern werden nicht selten als minderwertig angesehen und dementsprechend behandelt - Berichte über teils brutale Misshandlungen von Hausangestellten gab es schon lange vor den neuen Einwanderungsgesetzen. Manager vor Ort berichten aber auch von Saudis, die Probleme damit haben, dass ihre Vorgesetzten Ausländer sind.
Immer öfter nehmen sogar saudische Bürger die Ausländerpolitik des Landes selbst in die Hand und "helfen" den Behörden bei Razzien gegen "illegalen Arbeitsmigranten". Seit Beginn der staatlichen Verhaftungs- und Deportierungswelle kursieren Schilderungen von sogenannten "Bürgerfestnahmen". Die jemenitische Friedensnobelpreisträgerin Tawakkol Karman postete auf Facebook ein Foto, dass Saudis zeigen soll, wie sie einen jemenitischen Gastarbeiter festnehmen. (stb, derStandard.at, 15.11.2013)