Eine Kunstform, die irritieren kann und hoch im Kurs steht: Taxidermie oder Dermoplastik, also das Präparieren von Tierkadavern. Im Auktionshaus Christie's London werden schon einmal drei ausgestopfte Hunde aus dem 19. Jahrhundert um fast 65.000 Euro versteigert. Doch schon im 18. Jahrhundert wurden in Europa beträchtliche Summen für tote Tiere bezahlt. Die Faszination der lebensechten Konservierung toter Lebewesen war groß.
Dabei gab es geschmacklose Kreationen wie die Verwendung eines Straußenfußes als Sockel einer Öllampe, ganze Schildkröten mit ausgehöhlten Panzern als Aschenbecher und Elefantenfüße als Schirmständer. Letzteres wird übrigens auch heute noch regelmäßig auf Flughäfen konfisziert, wie ein Lokalaugenschein im Tiefenspeicher des Naturhistorischen Museums in Wien zeigte.
Mit dem Ersten Weltkrieg kam ein Einbruch: Die Dermoplastik wurde von der breiten Bevölkerung für Jahrzehnte als altmodisch und geschmacklos abgestempelt und blieb großteils den Jägern und Trophäensammlern vorbehalten. In den USA begann schließlich in den 60er-Jahren wieder langsam das Interesse an dem Thema zu erwachen, es wurde sogar die National Taxidermy Association gegründet.
Teurer Schmuck auf Road Kill
Alexis Turner, Autor des neues Buchs "Ausgestopft! Die Kunst der Taxidermie", schätzt das Volumen des Geschäftsfelds Taxidermie in den USA aktuell auf 600 Millionen Dollar. Seit zwanzig Jahren beschäftigt er sich mit dem Kauf, Verkauf und dem Verleihen präparierter Tiere. Zu seinen Kunden gehören Film- und TV-Studios oder Museen. Doch auch Schmuck- und Modedesigner, Innenarchitekten oder Werbeagenturen versuchen ihre Produkte damit ins rechte Licht zu rücken. Manche Kombinationen, die im Buch abgebildet sind, muten dabei bizarr an: So werden Tauben teure Handtaschen umgebunden, Eichhörnchen Diamantringe aufgesetzt oder am langen Hals des Vogelstraußes Perlenketten drapiert.
Im Buch werden auf hunderten Abbildungen Museen, wie zum Beispiel das Naturhistorische in Wien, ebenso wie schwer zugängliche Privatsammlungen gezeigt. Neben fast lebensechten Exemplaren werden auch Missbildungen, wie etwa eine Mischung aus Pelikan, Känguru und Pferd vorgestellt. Auch zeitgenössischen Künstlern wird breiter Raum gegeben. So werden zum Beispiel die außergewöhnlichen Arbeiten der Irin Claire Morgan vorgestellt. Sie lässt für ihre Installationen etwa präparierte Füchse in einem Meer aus Löwenzahnsamen schweben oder ein Reh in einem Schwarm Bienen liegen.
Neuer Aufschwung für Taxidermie
Besonders seit dem Beginn des neuen Milleniums beobachtet Turner neu erwachtes Interesse an der Taxidermie. Die ethischen Standards und strikten gesetzlichen Regelungen sind dafür zweifellos mitverantwortlich. Denn die moderne Taxidermie verwendet nur Tiere, die eines natürlichen Todes oder bei Unfällen gestorben sind. (jus, derStandard.at, 14.11.2013)