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Über das Internet sind E-Zigaretten wahlweise mit oder ohne Nikotin erhältlich.

Foto: APA/Marcus Brandt

Verdampfen statt verbrennen, lautet ein Angebot an Raucher, die ihrem Laster mit Hilfe von E-Zigaretten ein Ende setzen wollen. Das was Zigaretten nämlich so gefährlich macht, ist der Verbrennungsprozess, der aus Tabak und Zusatzstoffen zahlreiche krebserregende, mutagene und reproduktionstoxische Substanzen in Form von Rauch hervorbringt.

In E-Zigaretten ist - mit Ausnahme der "Ploom Tabak Pods" des Herstellers Japan Tobacco International - kein Tabak drin und wahlweise auch kein Nikotin. Vielmehr sind es die sogenannten Liquids, die über eine integrierte Heizspirale verdampft, für das Geschmacks- und Geruchserlebnis elektronischer Zigaretten sorgen.

Keine Langzeitdaten

Alleine, diese Betriebsflüssigkeiten werden von Experten kritisch bewertet. Zum einen ist auf vielen Produkten die Zusammensetzung nicht deklariert - und das, obwohl oder gerade weil es im Moment keine eindeutigen gesetzlichen Vorschriften gibt, welche Inhaltstoffe in den Liquids enthalten sein dürfen. Zum anderen ist auch die genaue Angabe der Inhaltsstoffe kein Garant dafür, dass es sich bei Inhalation derselben nicht doch um gesundheitsschädigende Substanzen handelt. "Die langfristigen gesundheitlichen Folgen der E-Zigarette können erst in einigen Jahren zuverlässig bewertet werden", sagt Sebastian Zellmer, Toxikologe am Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin.

Von der Verwendung von Liquids, die mit Aromen und Geschmacksstoffen versehen sind, rät Zellmer kategorisch ab. Das Argument, dass diese Zusätze in E-Zigaretten zugelassene Inhaltsstoffe für Lebensmittel sind, lässt er dabei nicht gelten: "Essig ist auch ein zugelassener Lebensmittelinhaltsstoff, aber kein Mensch kommt auf die Idee Essig einzuatmen." Die Verstoffwechselung ist das, was dem deutschen Biochemiker hier konkret Sorge bereitet, denn Lebensmittel werden über den Magen-Darm-Trakt verarbeitet. Eingeatmet über die Lunge gibt es derzeit noch zu wenig Wissen darüber, wie Geschmackszusätze im menschlichen Organismus resorbiert werden und wirken.

Auch das Prinzip des Verdampfens sieht Zellmer differenziert: "Die Verdampfungstemperatur variiert zwischen den verschiedenen Geräten. Wir wissen nicht, welche chemischen Reaktionen bei welchen Temperaturen tatsächlich stattfinden und ob in manchen E-Zigaretten nicht eher ein Verbrennungs- als ein Verdampfungsprozess initiiert wird."

Keine Zulassungsstudien

E-Zigarette ist also nicht gleich E-Zigarette. Das Angebot ist riesig und der Konsument tut sich in gesundheitlicher Hinsicht bei der Auswahl entsprechend schwer. In Österreich werden nikotinfreie E-Zigaretten als Medizinprodukt verkauft, während nikotinhältige E-Zigaretten als Arzneimittel ausgewiesen sind. "Um als Medikament zugelassen zu werden, sind Zulassungsstudien erforderlich", sagt Ernest Groman, wissenschaftlicher Leiter am Wiener Nikotininstitut.

Für E-Zigaretten wurden solche Studien jedoch nicht gemacht. "Warum auch, E-Zigaretten verkaufen sich auch so ganz phantastisch", sagt der Wiener Experte. Allerdings nicht dort, wo registrierte Medikamente in aller Regel verkauft werden, nämlich in der Apotheke, sondern vor allem über das Internet, wo zahlreiche Hersteller völlig unkontrolliert nikotinhältige E-Zigaretten anbieten.

"Das ist ein kompletter Wildwuchs", sagt Groman und fordert hier dringend eine gesetzliche Regulierung. Zellmer kritisiert ebenfalls die mangelnde Qualitätskontrolle. Er verweist auf eine aktuelle japanische Studie, die in Kürze veröffentlicht wird. Die Arbeitsgruppe ist bei ihren Untersuchungen zu dem Ergebnis gekommen, dass auch die Schadstoffemission identer Produktmarken vollkommen unterschiedlich ist.

Aufschrauben und nachschauen

Vor negativen gesundheitlichen Konsequenzen durch den Gebrauch von E-Zigaretten kann sich der Konsument derzeit also nur bedingt schützen. "Die E-Zigarette aufschrauben und nachschauen. Finden sich auf der E-Zigarette binnen kurzer Zeit Ablagerungen, dann ist die Temperatur zu hoch", sagt Zellmer, der von der Verwendung dieser Produkte aber ohnehin generell abrät.

Groman tut sich aus ärztlicher Perspektive schwerer: "Als Arzt darf ich E-Zigaretten - solange diese nicht standardisiert hergestellt werden - eigentlich nicht empfehlen. Wenn ein Patient aber zu mir kommt, und sagt: 'Na hören sie mal, dann rauche ich mir halt eine Zigarette an', dann werde ich ihm von der elektronischen Alternative nicht abraten." (Regina Walter, derStandard.at, 13.11.2013)