Neben den Klassikern wie "Mühle" oder "Mensch ärgere Dich nicht" zählten vor allem komplizierte Strategie- und Rollenspiele zu den Besucherlieblingen beim Spielefest im Austria Center.

Foto: Der Standard/Newald

Wien - Ein neuer Tisch, und schon sind wir in einer völlig anderen Welt gelandet. Mithilfe einiger "Fußmärsche", "Ausdauer" oder erholsamer "Spaziergänge" entdecken wir Dörfer und Magiertürme, die wir besuchen oder erobern können. Dank einer Mischung aus leichter "Bedrohung" und "Zusicherung" schaffen wir es sogar, "Kräuterkundige" für unsere Zwecke zu gewinnen. Kurzum: Das Spiel Mage Knight ist ebenso komplex wie amüsant.

Dabei war dies nur eines von rund 5000 Spielen, die man auf dem diesjährigen Wiener Spielefest vergangenes Wochenende im Austria Center Wien ausprobieren konnte. Auf 16.000 Quadratmetern kamen Besucher aller Altersklassen auf ihre Kosten. Mit Klassikern wie Uno oder Mensch ärgere Dich nicht ebenso wie exklusiven Neuheiten reicht die Bandbreite von Brett- und Geschicklichkeitsspielen bis etwa zu sogenannten "Pen and Paper"-Rollenspielen. Um den Bekanntheitsgrad Letzterer zu steigern, ist Michael (32) hier. Sein Verein "Athenaes Siegel" ist schon seit sechs Jahren auf dem Spielefest vertreten und macht auf Vereinsabende aufmerksam, an denen Rollenspielrunden abgehalten werden.

Veranstalterin Dagmar de Cassan ist von der pädagogischen Wichtigkeit von Spielen überzeugt: "Ich habe immer schon gesagt - drei Partien Mensch ärgere Dich nicht ersparen oft Raufereien auf dem Schulhof." Spiele sollten deswegen in den Unterricht eingebunden werden. "Wenn ich mit einer Klasse als Lehrerin eine Runde Golden Horn spiele und über den Seehandel Venedigs und des ostbyzantinischen Reiches erzähle, während die Klasse mit ihren Schiffen zieht, bleibt sicher mehr hängen als bei Frontalunterricht."

Eine positive Wechselwirkung erkennt de Cassan auch zwischen Brett- und Computerspielen. Am offensichtlichsten sei dies bei dem Spiel Civilization zu sehen, das zunächst vom Brett- zum Computerspiel adaptiert wurde und dann 2010 wiederum durch ein Brettspiel erweitert und verstärkt wurde. Im Austria Center liegt der Fokus an diesem Wochenende trotzdem auf analogen Spielen, und obwohl Onlinespiele in den letzten Jahren vor allem unter Jugendlichen boomen, reißt der Besucherstrom zum Spielefest nicht ab.

Für den großen Andrang sorgt vor allem die Möglichkeit, neue Spiele auszuprobieren und einfach mal draufloszuspielen sowie die Neuheiten von Mitarbeitern vor Ort genau erklärt zu bekommen.

Das sagt uns auch Alexander (17), der bereits zum elften Mal dabei ist. Die meisten Besucher zieht es zu den Tischen, wo Strategie- und Rollenspiele vorgestellt und gespielt werden. So sitzen auch Mathias und Nico, beide zwölf Jahre alt, bei einer Partie Legenden von Andor, als wir sie treffen. Auch Nico ist zum wiederholten Mal beim Spielefest dabei - für ihn ist es der fünfte Besuch. "Ich bin ein Vielspieler, der immer auf der Suche nach neuen Spielen ist", begründet er seinen Besuch.

Als interessantestes Spiel wurde dem SchülerStandard von den Organisatoren Nauticus empfohlen. Dafür zogen wir in den Bereich der sogenannten Expertenspiele. Die Erklärung dauerte mit zehn Minuten dann doch nicht so lange wie befürchtet, und am Ende eines spannenden Tages fanden wir uns erneut in einer völlig neuen Welt wieder: Dieses Mal tauschten wir die Magiertürme gegen Schiffe, spekulierten auf Fisch, hissten Walfischsegel und füllten eifrig unser Lager auf. (Max Miller, Max Schwaiger, DER STANDARD, 13.11.2013)