Kufstein - Die Schwierigkeiten in der Aufklärung von Korruptionsfällen seien einfach erklärt: "Es handelt sich um die Heimlichkeitsdelikte einer Vertuschungsgemeinschaft, es gibt weder Opfer noch Zeugen noch Tatortspuren und passiert an der Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft", sagt Ilse-Maria Vrabl-Sanda, Leiterin der Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKSta) Wien. Natürlich würden sich daraus einfach "massive Beweislastprobleme" ergeben.

Dennoch, so sind sich viele Experten einig, könnte die Dauer von Wirtschafts- und Korruptionsverfahren wesentlich reduziert werden. Die einzige Frage, die sich stelle: "Will man das oder will man das nicht?", sagt Vrabl-Sanda auf dem diesjährigen Forum der Staatsanwälte in Kufstein in Tirol, das sich von 11. bis 14. November dem Thema "Phänomen Korruption" widmet.

Sie ist mit ihrer Kritik nicht allein: "Es ist ein ziemlich langwieriger Prozess, bis Vorschläge von Experten in der Politik Gehör finden oder gar umgesetzt werden", sagt Gerhard Jarosch, Präsident der Vereinigung Österreichischer Staatsanwälte, im Gespräch mit dem Standard. "Der Kontakt zwischen dem Justizausschuss des Nationalrats und Staatsanwälten, Rechtsanwälte und Richtern war schon wesentlich intensiver und sollte das auch dringend wieder werden."

Probleme hätten die Staatsanwaltschaften vor allem mit den großen Datenmengen bei wenig Ressourcen und mit Rechtshilfegesuchen in anderen Ländern, die Verfahren unnötig in die Länge ziehen würden. "Es ist mir schlicht unverständlich, warum die Auslieferung mit einem europäischen Haftbefehl zwei Wochen dauert, aber eine Kontoöffnung ein bis zwei Jahre in Anspruch nimmt", sagt Jarosch.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die umständliche Weisungshierarchie - wobei es hier weniger um die Frage gehe, ob an der Spitze ein Politiker oder ein unabhängiger Fachmann stehe, sondern viel mehr darum, dass bis zu zehn verschiedene Personen an einer Entscheidung beteiligt seien.

Christian Pilnacek, Chef der Sektion Strafrecht im Justizministerium, kritisiert bei der Podiumsdiskussion zum Thema "Was fehlt Österreich noch zu einer effizienten Korruptionsbekämpfung?" die geringe Bereitschaft zur Zusammenarbeit verschiedener Kontrolleinrichtungen: "Es kann nicht sein, dass etwa die Nationalbank in der Zusammenarbeit mit anderen Institutionen keine Auskunft geben darf, weil das Bankgeheimnis gewahrt werden muss", sagt er.

Justizministerin zufrieden

Völlig zufrieden ist hingegen Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP), die als Ablösekandidatin gilt und das Forum am Montag eröffnete. Es sei in ihrer Amtszeit gelungen, die "Rahmenbedingungen für Transparenz und Ehrlichkeit in Politik und Wirtschaft, ja letztlich für einen gesellschaftlichen Wandel" zu setzen. Unter ihrer Verantwortung wurde etwa das Korruptionsstrafrecht erneuert, die WKSta ausgebaut und ein Whistleblower-Hinweisgebersystem eingeführt.

Dem Rechtsschutzbeauftragten des Justizministeriums, Robert Jerabek, genügt das nicht: "Die Waffenungleichheit zwischen Ermittlern und Verfolgten ist in den vergangenen Jahren größer geworden" - da sei die Politik doch gefordert. Wichtig sei aber vor allem die Rückkehr zu einem ruhigen, sachlichen Diskurs vonseiten der Politik wie auch der Medien, sagt Jarosch. "Einem, der sich nicht an spektakulären Einzelgeschichten aufhängt." (Katharina Mittelstaedt, DER STANDARD, 13.11.2013)