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Soraya Bahgat, die Gründerin der Gruppe "Tahrir Bodyguard" in Kairo, übt mit dem Trainer Ramy Jerair Latchinian Griffe zur Selbstverteidigung. Sexuelle Gewalt in Ägypten ist allgegenwärtig.

Foto: AP Photo/Maya Alleruzzo

Kairo - Zur schlechten internationalen Presse - die von vielen Ägyptern und Ägypterinnen als schwer ungerecht empfunden wird - nach der Absetzung von Präsident Mohammed Morsi im Juli 2013 durch das Militär, kommt nun auch noch ein katastrophaler Bericht über die Lage der Frauen in Ägypten: Eine Erhebung über die Wahrnehmung von Frauenrechten in der arabischen Welt, zum dritten Mal durchgeführt von der Thomson Reuters Foundation, platziert Ägypten auf dem schlechtesten Platz. Bestgereiht sind die Komoren (sie sind Mitglied der Arabischen Liga).

Ägypten liegt noch hinter dem Irak, Saudi-Arabien, Syrien und Jemen. Eine Häufung von schlechten Werten hat zum Absturz geführt: In Saudi-Arabien etwa hätten die Frauen zwar keinerlei gesetzliche Rechte, aber sie hätten einen viel besseren Zugang zu Gesundheit (inklusive Verhütung), Bildung und anderen Services - was in Ägypten fehlt.

Was den Wert Ägyptens so herunterdrückt, ist einerseits die anhaltende weibliche Genitalbeschneidung (FGM) und natürlich auch die katastrophale Situation, was sexuelle Belästigung in Ägypten betrifft. Die Zahl von Thomson Reuters, wonach unglaubliche 99,3 Prozent der ägyptischen Frauen und Mädchen das erleben, zeigt, dass hier der Begriff weit gefasst sein muss - aber für viele Episoden, die unter der Bezeichnung laufen, ist er eine glatte Verharmlosung. Auch während der Demonstrationen im Juni 2013 gegen die Muslimbrüder - deren Islamisierungskurs zu Recht viele Verschlechterungen angelastet werden - wurden etliche Frauen vergewaltigt. Die sexuelle Gewalt ist oft auch gepaart mit der Zufügung von anderen Verletzungen, etwa mit Messern.

Verschlechterung seit 2011

Prinzipiell lässt sich sagen, dass sich alle Länder des arabischen Frühlings verschlechtert haben, und zwar, weil sich sowohl die Sicherheits- als auch die sozialen Parameter verschlechtert haben. Tunesien, das noch immer vom Modernisierungsprogramm unter Präsident Bourguiba (1957-1987) profitiert, schneidet mit dem 6. Platz trotzdem relativ gut ab, sowie sich Libyen, wo die Sicherheitslage immer schlechter wird, noch auf Platz 9 hält.

Für den Irak kam der Absturz mit der Invasion der US-Truppen 2003, für Syrien mit Ausbruch des Bürgerkriegs. Beides waren zuvor Länder, in denen Frauen relativ gut gestellt waren. Syriens Frauen sind eine "Kriegswaffe", zitiert Reuters Menschenrechtsaktivisten. Das Assad-Regime setzt Vergewaltigungen als Gewaltmittel gegen Oppositionelle ein, Islamisten auf der anderen Seite entrechten die Frauen in von ihnen eingenommenen Gebieten völlig. Jemen, das auf dem fünftschlechtesten Platz liegt, hat wie Ägypten ein grassierendes Problem von öffentlicher sexueller Gewalt.

Saudi-Arabien ist unter den schlechtestgereihten das einzige Land, das sich nicht in einem politischen Ausnahmezustand befindet. Schockierend ist auch die schlechte Wertung - an der siebten Stelle von unten - des Libanon, der einmal als das modernste Land der arabischen Welt galt.

Uno-Frauenkonvention

Die bestgereihten Länder sind nach den Komoren der Oman, Kuwait, Jordanien und Katar. Thomso Reuters hat die Werte durch die Befragung von 336 Experten (etwa für Gesundheit) und Aktivisten in allen 21 Staaten der Arabischen Liga und Syrien (dessen Mitgliedschaft in der Liga ruht) ermittelt. Die Fragen waren allesamt auf der UN-Frauenkonvention (Cedaw: Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women) basiert. (guha, DER STANDARD, 13.11.2013)