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63 Prozent dieser Frauen schildern, dass ihre Umwelt die Situation nicht verstehe. 40 Prozent erklärten, die Unterstützung durch die Mitmenschen hätte sich im Laufe der Zeit verändert.

Foto: AP/FRANKA BRUNS

In Europa sind derzeit rund 250.000 Frauen von metastasiertem Brustkrebs betroffen. Ihre Lebensqualität wird häufig vor allem durch Vorurteile der Gesunden schwer beeinträchtigt, stellten am Dienstag, 12. November, Experten bei einer Pressekonferenz in Wien fest.

"Normale Menschen bleiben gesund. Hättest Du mehr auf Dich geachtet. Wärst Du öfter zum Arzt gegangen. - Das sind 'liebevolle' Angriffe, die kränken", sagte die ehemalige Strahlentherapeutin und Psychoonkologin Tilli Egger. Scham- und Schuldgefühle bei den Betroffenen seien die Folge. Und ganz absurd sei die Wellness- und Gesundheitswelle mit ihren Verheißungen eines endlos gesunden Lebens durch Entspannung und "positives Denken".

Alle Planungen auf den Kopf gestellt

Eine Viertelmillion Europäerinnen macht derzeit ganz andere Erfahrungen. Martin Butzal, Medical Director der Novartis-Onkologie-Sparte: "Sie leiden an fortgeschrittenem Brustkrebs. Metastasierter Brustkrebs ist macht sie in einer besonderen Weise betroffen. Das ist die Erfahrung eines Lebenseinschnitts, der alle Planungen auf den Kopf stellt."

Mit der Diagnose eines Mammakarzinoms, welches bereits Tochtergeschwülste gesetzt hat, wird die Erkrankung nach derzeitigem Stand der Medizin unheilbar. In Österreich sind 1.000 bis 1.500 Frauen, das entspricht rund 15 Prozent der Brustkrebspatientinnen, betroffen.

Für den Leiter des Brustgesundheitszentrums der Wiener Universitätskliniken im AKH, Michael Gnant, sind Vorurteile, die sich allein an dem Unterschied zwischen Betroffenen im Frühstadium und Patientinnen mit einer nicht mehr heilbaren Erkrankung festmachen, eine regelmäßige Zumutung: "Dafür gibt es keinen Grund. Der 'Feind' hat nur ein anderes Gesicht." Wütend mache ihn immer wieder, wenn Arbeitgeber bei Mitteilung einer solchen Diagnose zur Entlassung greife oder aktive, motivierte Arbeitnehmerinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs in die Frühpension getrieben werden.

Umwelt zeigt wenig Verständnis

Eine Umfrage der von Novartis unterstützten Kampagne "Here and Now" hat folgende Daten ergeben: 63 Prozent dieser Frauen schildern, dass ihre Umwelt die Situation nicht verstehe. 40 Prozent erklärten, die Unterstützung durch die Mitmenschen hätte sich im Laufe der Zeit verändert. Während zum Beispiel in Österreich 91 Prozent der gesunden Befragten richtigerweise angeben, dass Brustkrebs im Frühstadium gut heilbar ist, sah der Informationsstand über die metastasierte Mammakarzinomerkrankung schon viel schlechter aus.

Eine Patientin aus Salzburg betonte, dass viele Menschen einfach mit der Vorstellung der Endlichkeit des Lebens, welche für diese Betroffenen aktuelle Realität geworden ist, nicht umgehen können: "Wen wundert's, wenn Unternehmen nicht anders denken als wir." Ein Tipp der Psychoonkologin Tilli Egger für ein neues Selbstbewusstsein lautet, zu sich selbst zu sagen: "Ich habe eine Krankheit, aber ich bin nicht die Krankheit."

Die moderne Medizin macht mittlerweile auch das metastasierte Mammakarzinom in vielen Fällen zu einer über lange Zeit beherrschbaren Erkrankung. Gnant: "Meine erste persönliche Patientin kam zu mir im Jahr 1994. Sie war 28 Jahr alt und hatte gerade einen knapp zwei Jahr alten Sohn. Sie hat gesagt 'Tun Sie, egal was, ich will meinen Sohn in die Schule gehen sehen. Die durchschnittliche Überlebenszeit betrug damals zwei Jahre. Die Patientin hat ihren Sohn im Gymnasium gesehen, wie er die Matura abgelegt und sein Studium absolviert hat. Er hat geheiratet, sie wurde sogar noch Großmutter." Die Frau starb 17,5 Jahre nach der Diagnose der unheilbaren Erkrankung. Das ist freilich ein Ausnahmefall. (APA/red, 12.11.2013)