Die Regierungsverhandlungen sind zwar geheim, trotzdem sickern immer wieder Details durch. Was im Bildungsbereich offenbar verhandelt wird, verheißt nichts Gutes. Die ÖVP will die Zahl der Gymnasien zu Gunsten der Neuen Mittelschulen reduzieren und für die übrig gebliebenen den Zugang durch Aufnahmeverfahren erschweren. Die Aufnahmeprüfung heißt bei der ÖVP "Potenzialanalyse". (derStandard.at berichtete) Nach dem Motto: Neue Mittelschule für den Pöbel, Gymnasien für die Elite.

Die Nominierung von Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer als Chefverhandler in der Bildungspolitik war nur ein kurzes Signal für Bewegung. Haslauer ist nicht ganz so vehement gegen die gemeinsame Schule, wie der Großteil seiner Partei. Weniger Ideologie in der Debatte bedeutet das aber nicht. Das Gegenteil ist der Fall: Die ÖVP konzentriert sich mit diesem Vorstoß auf eine Elite, die sie gerne als Wähler zurückgewinnen möchte. Was ist das für eine Volkspartei, die nur einem kleinen Prozentsatz der Bevölkerung bessere Bildung ermöglichen will?

Es ist nichts Neues: Bildung wird in Österreich von den Eltern an die Kinder weitergegeben. Ziel sollte sein, die Durchlässigkeit zu erhöhen, dass mehr Kinder aus bildungsfernen Schichten höhere Ausbildungsziele erreichen. Der Vorschlag der ÖVP ist anachronistisch, von chancengerechter Bildung ist das weit entfernt.

Schule soll ein integrativer Ort sein, Bildung darf kein Privileg für eine bessere Gesellschaft sein. Es war die Regierung Kreisky, die 1971 die Aufnahmeprüfung für Gymnasien abgeschafft hat und das war gut so. Eine Reihe von Maßnahmen, wie Schülerfreifahrt, Gratis-Schulbücher und die Abschaffung der Studiengebühren war ein wichtiger Schritt, Bildung weniger elitär zu machen. Für die SPÖ wäre der Kompromiss weniger Gymnasien, dafür mit Aufnahmeprüfung, ein herber Rückschlag. Kommt ein Leistungstest für Zehnjährige, stellt die SPÖ damit ihren Übervater Bruno Kreisky und die wichtigsten Errungenschaften seiner Bildungspolitik in Frage: Das wäre ein Verrat an den eigenen politischen Idealen. (Marie-Theres Egyed, derStandard.at, 11.11.2013)