Wien - Der zum zweiten Mal vergebene "planlos"-Award der IG Architektur "für die inkompetenteste Entscheidung der österreichischen Baukultur" ging am Montagabend nicht an ein Projekt, sondern an eine Institution: das Österreichische Normungsinstitut Austrian Standards. Dieses behindere die Arbeit der Bauschaffenden durch eine "Unzahl ständig novellierter Normen" und wirke wie ein "Geheimgesetzgeber".

Geheimrecht ÖNORM 

Aus der ersten Norm im Jahr 1921 seien mittlerweile 24.667 Vorgaben geworden, so die IG Architektur in einer Presseaussendung zur Veranstaltung im Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste Wien (Semperdepot). Laudator Matthias Öhler kritisierte etwa die mittlerweile in 14 Fassungen erhältliche "ÖNORM B 1600" über barrierefreies Bauen, die für verbindlich erklärt sei und damit "die Kraft einer Verordnung" habe. Während Verordnungen kostenlos zu beziehen seien, entscheide das Austrian Standard Institute (ASI), wer eine Norm zu welchem Preis kaufen darf. "Die ÖNORM ist also eigentlich Geheimrecht: Mann muss sie einhalten, um eine Baubewilligung zu bekommen, man bekommt sie aber nur, wenn man das Normungsinstitut bezahlt", so Öhler. "Mit Rechtsstaat hat das nichts zu tun."

Erst vergangene Woche hatte die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (bAIK) beschlossen, ihre Delegierten aus allen Gremien des Normungsinstituts abzuziehen, nachdem dieses eine Umkrempelung seines Finanzierungsmodells und eine damit einhergehende Einhebung von Mitgliedsbeiträgen ab 2014 angekündigt hatte.

Zu vermeintlicher Ehre kamen am Montagabend auch die verantwortlichen Entscheidungsträger der Wiener Stadtregierung seit 1992 für die Novellierungen des Wiener Kleingartengesetzes (Preis "ganzjährig Granteln im Gartl"). Der 3. Preis wurde für den Neubau eines Medienzentrums der Universität für Musik und Darstellende Kunst vergeben. Der ORF bekam den Sonderpreis "schamlos 2013". 2011 ging der erste "planlos"-Award an Finanzministerin Maria Fekter (V) und das von ihr in ihrer damaligen Funktion als Innenministerin initiierte Projekt eines Asyl-Erstaufnahmezentrums im südburgenländischen Eberau.

Über die auf Missstände aufmerksam machenden "planlos"-Awards hinaus soll ein neu geschaffener Solidaritätsfonds Architekten künftig rechtlichen Beistand bei "undurchsichtigen Vergabe-Entscheidungen" bieten. Damit wollte die IG "ihre Mitglieder in den Stand versetzen, auch größeren AuftraggeberInnen selbstbewusst gegenübertreten zu können". (APA, 11.11.2013)