Von hohen Zinsen würden auch die Sparer nichts haben, sagt EZB-Direktor Benoît Coeuré.

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Frankfurt - Direktoriumsmitglied Benoît Coeuré hat die Senkung des Leitzinses der Europäischen Zentralbank (EZB) auf ein neues historisches Tief verteidigt. Höhere Zinsen würden "dem Sparer schaden", schrieb Coeuré am Montag in einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt". Ein höherer Leitzins für die Eurozone hätte "die Rezession verschärft, das Einsetzen einer Erholung verzögert" und zum Risiko einer Deflation beigetragen.

Von einer Deflation ist die Rede, wenn das allgemeine Preisniveau sinkt anstatt zu steigen. Folge ist, dass Unternehmen und Verbraucher Ausgaben verzögern, weil sie mit immer niedrigeren Preisen rechnen. Dies kann die Konjunktur bremsen.

Die Zinssenkung der EZB wirke sich nur auf Zinsen für kurzfristige Geldanlagen aus, schrieb Coeuré. Die Zinsen für langfristige Geldanlagen hingegen, die für Sparer entscheidender seien, stünden in Deutschland deswegen unter Druck, weil Wertpapiere wie die als sicher geltenden deutschen Staatsanleihen auch bei Investoren aus dem Ausland stark gefragt seien. Dadurch sänken die Zinsen für solche Papiere. Andere Länder der Eurozone wie etwa im Süden der Eurozone müssten hingegen hohe Zinsen zahlen.

Uneinheitilches Zinsniveau

Unterm Strich sei die Geldpolitik der EZB und damit auch die derzeitige Niedrigzins-Politik "angemessen", rechtfertigte Coeuré die jüngste Zinssenkung. Das uneinheitliche Zinsniveau in der Eurozone können nur eingeebnet werden, wenn die sogenannte Bankenunion vorangebracht werde, zu der eine gemeinsame Bankenaufsicht und ein einheitlicher Mechanismus zur Abwicklung von Banken gehören.

Die EZB hatte in der vergangenen im Woche im Kampf gegen die Folgen der Schuldenkrise in der Eurozone ihren Leitzins vom bisherigen historischen Tief von 0,5 Prozent auf die neue Tiefstmarke von 0,25 Prozent gesenkt. Mit niedrigen Zinsen will die EZB der Wirtschaft Schub geben. Am EZB-Leitzins orientieren sich teils die Zinsen für Sparer und Kreditnehmer. (APA, 11.11.2013)