Wenn ein österreichisches Unternehmen mit veralteten Zahlen zur Steuerbehörde geht, hat es eine Steuerprüfung am Hals. Die Regierung aus SPÖ und ÖVP ist mit getricksten Zahlen in die Nationalratswahlen gegangen. Sie hat im April einen Bericht der Finanzministerin Maria Fekter durchgewunken, der in Brüssel, aber auch in der österreichischen Öffentlichkeit den Eindruck erwecken sollte, man sei auf dem Weg zu einem Nulldefizit 2016 (0-Ton Fekter). Jetzt stellt sich heraus, die Prognose basierte auf unaktuellen Zahlen.

Oberstes Prüforgan ist das Volk - zum Beispiel über Nationalratswahlen, die diesen Herbst stattgefunden haben. Aber dieses Volk hatte, wie sich herausstellt, keine realen Unterlagen. Es wurde von der Regierung, voran die Finanzministerin, hinters Licht geführt.

Dass die "Sanierung" jener Hypo Alpe Adria, der einstigen Geldmelkmaschine des zertifizierten politischen Superstars Jörg Haider, noch etliche Milliarden kostet, das wusste man. Aber dass man sich Forschungsmilliarden (zwecks internationaler Wettbewerbsfähigkeit) auf den Hut wird stecken müssen, das wurde verschwiegen. Dass man, im Gegensatz dazu, Steuern erhöhen wird müssen, wurde geleugnet. Bundeskanzler Werner Faymann kündigte substanzielle Steuersenkungen für Monatseinkommen bis 4000 Euro für 2015 an. Und sein Vize, der Entfesselungskünstler Michael Spindelegger zog nach - 2016 werde es die große Steuerentlastung geben. Na klar, denn dann hätte ja das Fekter' sche Nulldefizit eintreten sollen. Alles Schall und Rauch. Nichts hat gestimmt - wohl auch mithilfe der Wirtschaftsforscher, die erst jetzt ihren Mund aufgemacht haben, obwohl sie die Wahrheit ahnten (kannten?).

Die grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig hat nun am Sonntag verlangt, wovon ohnehin schon tagelang die Rede ist - einen "Kassasturz" im Parlament. Der wurde am Freitag, die Koalitionsverhandler vermehrt um die Staatsökonomen, versucht. Herausgekommen sind wiederum nur Zahlen und schallgedämpfte Interviews. Tacheles geredet hat niemand.

Weshalb es parallel zu den Regierungsverhandlungen einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss geben sollte, der nicht nur den Kassasturz unternimmt, sondern auch die Verantwortungen klärt - bis hin zu den Beamten des Finanzministeriums, die man der Beihilfe zur Budgetlüge und zur Irreführung der Brüsseler Kommission verdächtigen muss.

Freilich ist klar, dass es einen solchen U-Ausschuss nie geben wird. Dessen Installierung würden SPÖ und ÖVP verhindern.

Aber seinen Befund würden wir brauchen, damit sich die Spitzenpolitik schwerer tut, die Wählerinnen und Wähler mit Trickpolitik zu linken.

Damit wir selbst, das österreichische Volk, uns schwerer tun, mit dem Finger auf die Griechen oder auf die Italiener zu zeigen, auf die mit den schäbigen Budget-Schmähs und den falschen Zahlen, die sie aus Athen oder aus Rom nach Brüssel schicken.

Im Grunde müsste es ja Neuwahlen geben - wegen des Delikts der Wählertäuschung. (Gerfried Sperl, DER STANDARD, 11.11.2013)