Kritische Insider der Koalitionsverhandlungen berichten, die verschiedenen Gruppen würden fröhlich vor sich hin verhandeln, ohne dass bei den diversen "großen Projekten" auch nur ansatzweise über die Finanzierung gesprochen würde. Das Projekt "Neue Regierung" habe "keinen Businessplan".

Aus ähnlicher Quelle ist zu hören, dass SPÖ und ÖVP trotz des Getöses um den "Kassasturz" und der Herumraterei über die Größe der Milliardenlöcher im Budget (nach Insider-Infos 34 Mrd. bis 2018) geneigt sind, die Realitätserkenntnis und die notwendigen Maßnahmen weiter vor sich herzuschieben - und die Koalitionsregierung halt einmal schnell abzuschließen.

Denn wirkliche Maßnahmen könne man ohnehin bis Weihnachten nicht ausverhandeln, weil die Zeit für diese politisch schweren Brocken nicht reiche und in Wirklichkeit weder Werner Faymann noch Michael Spindelegger innerparteilich stark genug sind, um das Notwendige durchzudrücken. Notwendig wäre es, die Vorwahlzuckerln (Erhöhung der Familienbeihilfe und der Pendlerpauschale) wieder einzusammeln, bei den Pensionen und den Förderungen (=Subventionen) ernsthaft etwas zu unternehmen und wohl auch die Steuern zu erhöhen.

Verteilungspolitik

Das kriegen weder Faymann noch Spindelegger, beides staatsgläubige Verteilungspolitiker, von denen der eine halt mehr in die Kirche geht, hin - zumindest wenn man von der bisherigen Performance ausgeht. Und schon gar nicht würden ihnen da ihre Parteien folgen. Da beide aber im Fall eines Scheiterns der Koalitionsverhandlungen wohl mittelfristig Ablösekandidaten wären, dürften sie jetzt rasch abschließen und hoffen, dass alles schon besser wird.

Indizien dafür sind auch die ersten Äußerungen. SP-Klubobmann Andreas Schieder, bisher Staatssekretär im Finanzministerium und daher wohl Mitwisser, übt sich schon im Schönreden - mediale Spekulationen über ein "riesiges Budgetloch" seien eine "unnötige Verunsicherung": "Es ist nicht nur ein bewältigbares Problem, es ist ein Problem, dem sich die nächste Regierung mit gutem Gewissen stellen kann."

Wie es die SPÖ spielen will, ist überdies einem Kommentar des wackeren Claus Pándi in der Krone zu entnehmen, der für eine Polemik gegen "sogenannte Qualitätsblätter" kurz vom Schoß des Kanzlers gehüpft ist: Dass die Regierung seit dem Frühjahr mit falschen Budgetzahlen operiert, seien "Horrorgeschichten", und "höchste Regierungskreise" (=Faymann) hielten ein Sparpaket nicht für notwendig.

Ein Sparpaket wird natürlich kommen, allerdings wird nicht gespart werden (etwa bei den Subventionen oder bei den Ausnahmen für die Frühpensionen), sondern es werden Steuern erhöht. Vermutlich ein Mix aus Verbrauchssteuern (Mehrwertsteuer, Energiesteuer) und Eigentumssteuern. Dies zusätzlich zu der Enteignung der Sparer durch Niedrigstzinsen (auch eine Vermögenssteuer) und der Kürzung der Einkommen durch Teuerung. Und vor dem "Gerechtigkeitshintergrund" von üppigen bis aberwitzigen Pensionen im geschützten Bereich.

hans.rauscher@derStandard.at

 

(HANS RAUSCHER, DER STANDARD, 9.11.2013)