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Mohammed Barakeh diskutiert Samstag, 9. 11., im Wiener Odeon-Theater über den Nahostkonflikt.

Foto: APA/EPA/Petinga

Wien – Während Israels Premier Benjamin Netanjahu in den vergangenen Tagen mehrfach vor einem Iran-Abkommen gewarnt hat, sieht Mohammed Barakeh dar­in die Chance, "einen katastrophalen Krieg zu verhindern". Der Knesset-Abgeordnete der Hadasch-Partei, die sich als gemeinsame Stimme von Juden und Arabern in Israel versteht, von außen aber meist als Vertreterin arabischer Interessen gesehen wird, sagt, er finde es erstaunlich, dass die ­israelische Regierung versuche, einen Deal mit dem Iran zu blockieren – womöglich gehe es dar­um, von sozialen Problemen in Israel abzulenken.

Mit einer solchen Taktik erklärt er auch, dass es seiner Partei, der "Hauptalternative zum Neolibe­ralismus der israelischen Regierung" , nicht gelungen sei, in den vergangenen Jahren von sozialen Protestbewegungen in Israel zu profitieren. Netanjahu baue äußere Feinde auf, und wenn das nicht funktioniere, werde eine neue Partei gegründet, um Stimmen der Unzufriedenen zu bündeln. Die liberale Jesch Atid habe sich vor den letzten Wahlen als Repräsentantin des Mittelstandes präsentiert – jetzt sei ihr Chef Jair Lapid Finanzminister und setze dieselbe Politik fort wie zuvor.

Ob es womöglich auch daran liege, dass Hadasch sich vor allem als Anwalt arabischer Israelis präsentiere? Es stimmt, die Partei werde hauptsächlich von Arabern gewählt, sagt Barakeh. Die Fragen seien aber miteinander verzahnt: Etwa 20 Prozent der israelischen Gesamtbevölkerung lebten unter der Armutsgrenze, bei den Arabern seien es aber über 50 Prozent.

Wenig Änderungen erwartet er in den stockenden Friedensverhandlungen mit den Palästinensern durch die Rückkehr Avigdor Liebermans auf den Posten des Außenministers nach seinem Freispruch im Prozess wegen angeblichen Amtsmissbrauchs. "Mit oder ohne Lieberman ist es die Regierung Netanjahus"  – und dieser sei seiner Ansicht nach viel radikaler als sein Kabinett. "Es ist klar, dass Lieberman eine radikale und rassistische Politik betreibt."  Die Friedensverhandlungen seien aber "Verantwortung Netanjahus – und der Amerikaner" . Letztere hätten die Macht, Israel zu einem Deal zu zwingen. Dass sie dies nicht getan hätten, weise sie, trotz "erfreulicher"  (weil kritischer) Worte, die Außenminister John Kerry am Donnerstag zum Siedlungsbau gefunden habe, als "schlechte Vermittler"  aus.

"Polonium hat nicht jeder"

Wenig Zweifel hat Barakeh dar­an, dass Palästinenserpräsident Yassir Arafat einem Mord zum Opfer gefallen sei: "Ich glaube, dass Israel und die USA dahinterstecken."  Es gebe ein Video, in der der damalige Premier Ariel Sharon mit Verteidigungsminister Shaul Mofaz darüber diskutieren, Arafat loszuwerden. Dass nun in Analysen Polonium-210 in den sterblichen Überresten Arafats festgestellt wurde, stärke den Verdacht. "Polonium hat nicht jeder."

Eine russische Analyse, in der ebenfalls sterbliche Überreste Ara­fats und dessen Krankheitsverlauf untersucht worden waren, hat indes keinen Beweis für eine Vergiftung Arafats gefunden. Zwar fanden auch die russischen Wissenschafter Spuren des radioaktiven Polonium-210, allerdings nicht in ausreichenden Mengen, um auf akute Strahlenkrankheit als Todesursache schließen zu lassen, heißt es in dem Report, aus dem der TV-Sender Al-Jazeera am Freitag zitierte. (mesc/DER STANDARD, 9.11.2013)