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Schwerarbeit in einer kongolesischen Goldmine. Argor-Heraeus soll aus dem Kongo geraubtes Gold wissentlich verarbeitet haben.

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Die im Schweizer Südkanton Tessin beheimatete Goldraffinerie Argor-Heraeus ist ins Visier der Schweizer Bundesanwaltschaft geraten. Die Sprecherin der Behörde, Jeannette Balmer, bestätigt gegenüber dem Standard, dass eine Strafuntersuchung eingeleitet wurde. "Am 1. November ging bei uns eine Strafanzeige ein, aufgrund deren die Schweizer Bundesanwaltschaft beschlossen hat, ein Strafverfahren gegen das Unternehmen wegen Verdachts auf Geldwäscherei in Verbindung mit Kriegsverbrechen einzuleiten."

Die Vorwürfe stammen von der Genfer Nichtregierungsorganisation Trial. Deren Anwalt Bénédict de Moerloose sagt im Tages-Anzeiger: "Wir können den genauen Weg des Goldes aus den von Rebellen kontrollierten Minen im Kongo bis in die Schweiz in die Räumlichkeiten der Goldraffinerie in Mendrisio rekonstruieren. Dies anhand von uns vorliegenden Dokumenten. Damit können wir die illegale Herkunft des Goldes in der Schweiz beweisen."

Die Vorwürfe sind auch für Österreich brisant: Die Münze Österreich, eine 100-prozentige Tochter der Oesterreichischen Notenbank, ist laut Firmenbuch zu rund 28 Prozent an Argor- Heraeus beteiligt. Gerhard Starsich, Chef der Münze Österreich, sitzt seit 2010 im Aufsichtsrat des Unternehmens. Zu den weiteren Eigentümern zählt die deutsche Commerzbank sowie der deutsche Edelmetall und Technologiekonzern Heraeus.

Verstoß gegen Sanktionen?

Die Vorwürfe gegen die Schweizer Goldschmelze gehen auf die Jahre 2004 bis 2006 zurück. In dieser Zeit soll Argor-Heraeus, eine der weltweit größten Goldraffinerien, knapp drei Tonnen Gold aus Uganda verarbeitet haben. Doch damals war Uganda, das östliche Nachbarland Kongos, eine wichtige Exportroute für Gold aus dem bürgerkriegsgeplagten Osten Kongos. Gold, das aufgrund von Sanktionen der Vereinten Nationen nicht in den internationalen Handel hätte gelangen dürfen.

"Im Juli 2003 verhängte die Uno gegen den Kongo ein Waffenembargo. Im Mai 2005 entschied damm der UN-Sicherheitsrat, gegen Embargobrecher Finanzsanktionen auszusprechen. Mit dem Handel mit Gold aus dem Kongo würde sich Argor-Heraeus indirekt mitschuldig am Krieg in der Region machen", so Anwalt de Moerloose.

Das Unternehmen weist den Vorwurf der Geldwäsche und des Sanktionsbruchs strikt zurück. Der Fall sei bereits durch die Uno, die Schweizer Wirtschaftsbehörde Seco und die Schweizer Geldwäscherei-Kontrollstelle überprüft worden. "Argor-Heraeus wurde weder eine direkte noch indirekte Verwicklung in die vorgebrachten Anschuldigungen zugeschrieben", teilt das Unternehmen mit und verweist in seiner Stellungnahme darauf, dass es sich in der Branche aktiv einsetze für eine transparente Versorgungskette und für höhere Standards bezüglich Nachhaltigkeit im Edelmetallhandel. So ist Argor-Heraeus Gründungsmitglied der Swiss Better-Gold-Initiative, welche ein faires Handelssystem für Kleinproduzenten zum Ziel hat.

OeNB zeigt sich erstaunt

Ob die nun vorgebrachten Dokumente Neues und allenfalls strafrechtlich Relevantes enthalten, wird die Strafuntersuchung der Schweizer Bundesanwaltschaft in den kommenden Monaten aufzeigen müssen. Wann mit ersten Ergebnissen der Prüfung zu rechnen ist, wollte deren Sprecherin nicht angeben.

Bei der Oesterreichischen Notenbank (OeNB) weist man die Vorwürfe jedenfalls zurück: "Man kann sich gegen solche Anschuldigungen aufgrund einer Anzeige nicht wehren", sagt OeNB-Sprecher Christian Gutlederer dem Standard auf Anfrage. "Aber die Vorwürfe sind bereits untersucht und zurückgewiesen worden. Warum dieser alte Fall nun erneut aufpoppt, ist für uns völlig unerklärlich." (Klaus Bonanomi aus Bern, DER STANDARD, 8.11.2013)