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Das Kinder- und Jugendheim "Haus Babenberg" der Haasenburg GmbH in Jessern - auch diese Einrichtung soll nun geschlossen werden.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Berlin - "Wir schließen die Haasenburg, weil eine latente Kindeswohlgefährdung für die Kinder und Jugendlichen besteht", erklärte Brandenburgs Bildungsministerin Martina Münch laut einem Bericht der "taz". Betroffen seien alle drei Einrichtungen des Betreibers in Brandenburg, die seit Jahresbeginn mit Misshandlungsvorwürfen konfrontiert sind.

Münch reagiert damit auf den Bericht der von ihr eingesetzten Untersuchungskommission, den sie "mit einem beklommenen Gefühl" gelesen habe: In der Einrichtung habe "jeder Jugendliche immer wieder fürchten müssen, Opfer von Willkür zu werden".

"Antiaggressionsmaßnahmen"

Laut diesem Bericht habe ein 13-Jähriger mit einer Hirnschädigung, der nie zuvor straffällig gewesen sei, lange in der besonders rigiden Aufnahmephase "Rot" verharren müssen. Ein anderes Kind berichtete der Kommission, es sei zwei Tage und eine Nacht "fixiert auf einer Liege" festgehalten worden. Die "Antiaggressionsmaßnahmen" waren laut "taz" sogar bei schwangeren Bewohnerinnen eines Haasenburg-Heimes angewandt worden. Laut einem anderen "taz"-Bericht seien bei drei Mädchen auch schwere Armverletzungen bis hin zu Knochenbrüchen festgestellt worden.

Die Kommission ortete auch eine "mentale Verbindung zur Umerziehung in der DDR", berichtete der Vorsitzende der Untersuchungskommission, Jugendpsychologe Martin Hoffmann. So sei ein Bub gezwungen worden, über eine Stunde im Entengang zu gehen. Diese Methode sei auch im Jugendwerkhof in Torgau angewandt worden - der berüchtigtsten Anstalt für Heimkinder der DDR.

"Nur zur Abwehr"

Die Haasenburg GmbH beharrt hingegen darauf, dass die "Antiaggressionsmaßnahmen" nur zur Abwehr von Fremd- oder Selbstgefährdung eingesetzt würden. Sie begrüße die Fertigstellung des Berichts - er ermögliche es nun, in eine objektive Bewertung der Ereignisse einzusteigen.

Bildungsministerin Münch will der Betreibergesellschaft nun binnen zweier Wochen die Betriebserlaubnis entziehen - innerhalb der nächsten zwei Monate sollen die Einrichtungen vollständig geschlossen werden. In der Zwischenzeit werde sichergestellt, dass keine "Antiaggressionsmaßnahmen" mehr willkürlich angewendet werden können. Derzeit sind noch 37 Kinder in den Händen des Betreibers.

Prüfung des Landesjugendamtes

Münch erklärte weiters, sie habe auch eine interne Prüfung über das Versagen des Landesjugendamts Brandenburg eingeleitet. Derzeit sind drei Mitarbeiter für die Aufsicht von rund 400 Heimen zuständig. Der Kommissionsbericht hatte auch erhebliche Mängel beim Landesjugendamt wie auch beim Ministerium festgestellt.

Die Zustände in den Haasenburg-Einrichtungen waren Anfang 2013 bekannt geworden, nachdem ein ehemaliger Insasse gegenüber der "taz" von seinen traumatischen Erlebnissen berichtet hatte. Nach mehreren "taz"-Berichten war schließlich Mitte Juni die Untersuchungskommission vom brandenburgischen Bildungsministerium eingesetzt worden. (frei, derStandard.at, 7.11.2013)