Wien – Zum Entscheid der Staatsanwaltschaft Wien, dass in der Inseratenaffäre gegen Kanzler Werner Faymann und seinen Staatssekretär Josef Ostermayer (beide SPÖ) keine Anklage erhoben wird, stellt das Justizministerium nun eine Veröffentlichung der Begründung für die Einstellung des Verfahrens "in Aussicht".

Allerdings kann das noch etwas dauern, denn: Voraussetzung dafür ist, dass alle den Fall betreffenden Ermittlungen vollständig abgeschlossen sind – was derzeit aber noch nicht der Fall ist. Hintergrund: Gegen "untergeordnete Beteiligte" in der Causa muss noch der Vorwurf der falschen Zeugenaussage überprüft werden, die teils im Ermittlungsverfahren, teils im U-Ausschuss getätigt worden sind, heißt es aus dem Justizressort und der Staatsanwaltschaft.

Auf ein Publikmachen der Begründung drängt jedenfalls auch Gerhard Jarosch, Präsident der Vereinigung der österreichischen Staatsanwälte, im Gespräch mit dem STANDARD: "Ich finde, bei allen großen, bedeutenden Fällen sollte das so gehandhabt werden, denn wir arbeiten ja nicht in einem Elfenbeinturm." Bei Causen von öffentlichem Interesse sollten den Leuten auch die genauen Gründe vermittelt werden, wenn die Staatsanwaltschaft ein Verfahren eingestellt hat.

Fiedler zu Inseratenaffäre: "Gewisse Fragen offen"

Die Nichtveröffentlichung der Begründung führte am Mittwoch zu einer Auseinandersetzung zwischen dem ehemaligen Präsidenten des Rechnungshofes, Franz Fiedler, und der Staatsanwaltschaft. Fiedler sieht in der Causa noch keinen Schlussstrich. "Wenn man sich die Aussendung der Staatsanwaltschaft ansieht, bleiben gewisse Fragen offen. Es konnten konkrete Tathandlungen nur teilweise nachgewiesen werden. Es wurden also Tathandlungen gesetzt, wenn man keinen Schaden annimmt, dann kann man nur annehmen, dass ein Missbrauch der Verfügungsgewalt vorgelegen ist", sagte Fiedler im Ö1-"Morgenjournal". Fiedler ist nun Präsident des Beirats von Transparency International.

"Bei welchen Verantwortlichen, lässt die Staatsanwaltschaft allerdings offen. Diesbezüglich wäre es notwendig, dass die gesamte Einstellungsbegründung öffentlich gemacht wird", sagt Fiedler. Die Öffentlichkeit habe das Recht, mehr zu erfahren, im konkreten Fall sei dies ganz besonders wichtig. "Die Tatsache, dass von der Staatsanwaltschaft keine strafrechtliche Relevanz erkannt wurde, sagt noch lange nichts darüber aus, ob nicht dennoch eine politischen Verantwortung in den Handlungen gelegen sein könnte." 

Staatsanwaltschaft kritisiert Fiedler

Die Staatsanwaltschaft kritisiert die Äußerungen Fiedlers, er überinterpretiere die Aussendung der Ermittlungsbehörde. Es seien nicht überwiegend Tathandlungen gesetzt worden: "Das stimmt so nicht ganz, das Zitat ist aus dem Zusammenhang gerissen", sagt Staatsanwaltschaftssprecher Thomas Vecsey im Ö1-"Mittagsjournal". Die konkreten Tathandlungen seien in der Aussendung erwähnt, es war die Zahlung von Werbeeinschaltungen. Den Kosten sei aber auch ein gewisser Werbewert gegenübergestanden.

"Sie waren nicht unnütz für die ASFINAG, wodurch ein Befugnismissbrauch durch die Vorstandsmitglieder ausscheidet", sagt Vecsey. "Die Frage des Vorsatzes spielt eine entscheidende Rolle." Dieser sei bei den ASFINAG- und ÖBB-Vorständen nicht nachweisbar gewesen. Faymanns Anwalt Wolfgang Brandstetter sieht deswegen die Verfahrenseinstellung "ohne Wenn und Aber zwingend".

Kritik von Opposition

Der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser hatte zuvor darauf gedrängt, die Begründung der Staatsanwaltschaft offenzulegen. Dies sei Voraussetzung für eine "rechtliche und politische Beurteilung". Zu Wort meldete sich am Mittwoch auch abermals die FPÖ. Deren Generalsekretär Herbert Kickl warf der Staatsanwaltschaft vor, "mit zweierlei Maß" zu messen. NEOS-Klubobmann Matthias Strolz sah in der Affäre jedenfalls einen Schaden für die Demokratie, denn "strafrechtliche Relevanz und politische Verantwortung sind schließlich zwei paar Schuhe". (nw, red, derStandard.at, 6.11.2013)