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Keine transparenten Wartelisten gibt es bei Operationen: Wer eine Privatversicherung hat, wird vorgereiht, sagt eine IHS-Studie.

Foto: APA/dpa/Pilick

Wien - Die Wartezeiten für geplante chirurgische Eingriffe in der Orthopädie (vor allem Hüft- und Kniegelenksersatz bzw. Schulteroperationen ) und in der Augenheilkunde - beim "Grauen Star" - haben sich seit 2007 nicht erledigt. Nur Niederösterreich publiziert die Wartelisten offen im Internet. Wer privatversichert ist oder vor der Operation in eine Privatordination geht ("Küss' die Hand'-Patienten"), kommt früher dran. Das hat eine neue Untersuchung des Instituts für Höhere Studien mit Thomas Czypionka als Erstautor ergeben.

"In Österreich warten Patienten im Median (im Mittel, Anm.) 2,1 Monate auf eine Hüftgelenksoperation und 2,5 Monate auf eine Kniegelenksoperation, wie unsere retrospektive Patientenbefragung zeigte. Eine Befragung der Krankenanstaltenbetriebsgesellschaften stellte starke Unterschiede bei der Wartezeit sowohl zwischen als auch innerhalb der einzelnen Bundesländer fest. So variiert die Wartezeit auf orthopädische Operationen zwischen unter einem Monat und acht Monaten, die auf ophthalmologische Operationen zwischen unter einem Monat und fast zwölf Monaten", stellten die Experten fest.

Privatversicherung verkürzt Wartezeit

Die im schlechten Fall "typisch österreichische Seite" der Angelegenheit: "Mit Hilfe der Patientenbefragung konnte die von den Patientenvertretern geäußerte Annahme, dass eine private Krankenzusatzversicherung bzw. eine private Zuzahlung bzw. ein Besuch einer Privatordination die Wartezeit verkürzen, bestätigt werden. Patienten mit einer privaten Krankenzusatzversicherung haben in Fondsspitälern (öffentliche Krankenhäuser mit öffentlicher oder privater Trägerschaft, keine reinen Privatspitäler; Anm.) eine signifikant kürzere Wartezeit als Patienten ohne private Krankenzusatzversicherung."

Die Autoren zu ihrer Patientenbefragung mit 447 Teilnehmern: "6,5 Prozent der befragten Patienten wurde angeboten, die Wartezeit durch eine private Zuzahlung zu verkürzen, und 7,4 Prozent der befragten Patienten wurde angeboten, die Wartezeit durch den Besuch einer Privatordination zu verringern." Letzteres hat in Medizinerkreisen den Ruf der "Küss' die Hand'-Patienten", weil über den Umweg der Privatordination des behandelnden Arztes und Zahlung dann auch schnellere Therapie im Krankenhaus verheißen wird.

"Jeder Patient kann ja in ein Privatspital gehen", sagte Czypionka. Aber in ganz oder teilweise von der öffentlichen Hand finanzierten Krankenhäusern in einem solidarischem Gesundheitssystem seien derartige Zustände wohl inakzeptabel.

Transparente Listen nicht flächendeckend geplant

Zwar hat das Gesundheitsministerium versucht, mit einer Krankenanstaltengesetz-Novelle aus 2011, transparente Wartelisten für geplante Eingriffe in ganz Österreich durchzusetzen, doch wirklich "gläsern"wollen die Bundesländer als Spitalserhalter offenbar nicht sein. Im Internet und für Patienten wie Nicht-Patienten einsehbar sind die Wartelisten nur in Niederösterreich.

In Oberösterreich ist das laut den IHS-Erhebungen in Planung. Sonst heißt die Antwort überall: "Nein". Nur präsumptive Patienten und bereits angemeldete würden die Informationen erhalten. "Wir haben eine Kultur der Furcht vor der Wahrheit, stellte "IHS-Studienautor Thomas Czypionka fest. Man hätte sich schon erwartet, dass der Steuerzahler, auch ohne selbst schon Patient zu sein, in die Wartelisten Einschau halten können müsse.

Wohnort entscheidend

Die Patientenbefragung ist laut dem Experten nach der ersten derartigen Analyse aus dem Jahr 2007 mit 50 Personen in der neuen Version mit 447 statistisch wesentlich besser abgesichert. Die Autoren: "Die Verteilung der Wartezeiten ist im Vergleich zu einer Normalverteilung (Gauß'sche Glockenkurve)rechtsschief, was bedeutet, dass viele Patienten eine eher kurze Wartezeit haben, während einige wenige Ausreißer lange auf ihre Operation warten (Maximum: 24 Monate); nur rund fünf Prozent der befragten Patienten warten länger als elf Monate." Gleichwohl berichteten vor allem die Orthopädiepatienten mit schweren Hüftgelenks- oder Kniegelenksarthrosen über eine Verschlimmerung der zum Teil schweren Schmerzzustände während der Wartezeiten.

Wie so oft in Österreich im Gesundheitswesen entscheidet offenbar der Wohnort, wie lange man auf eine Operation warten muss. In der Orthopädie (Hüft-, Knie-, und Schultergelenksoperation) sind es im Burgenland rund 24 Wochen, in Kärnten unter vier Wochen. Die NÖ-Landesholding führt für Kniegelenksoperationen beispielsweise acht bis 29,7 Wochen an, die oberösterreichische GESPAG für die orthopädischen Eingriffe insgesamt 6,6 bis 52 Wochen. Aus Salzburg (SALK) und in Tirol (TILAK) gab es keine Angaben. In Vorarlberg wurden rund 16 Wochen angegeben, in Wien beim KAV zehn bis 16 Wochen für Kniegelenksoperationen, bei der Vinzenz-Gruppe 8,6 bis 35,7 Wochen, in der Steiermark beim Knie zwischen 1,9 und 21,4 Wochen - je nach Schweregrad).

Dafür schoss bei den Kataraktoperationen ("Grauer Star") Vorarlberg mit rund 50 Wochen Wartezeit in Österreich den sprichwörtlichen Vogel ab. Dort scheiterten vor einiger Zeit auch Aktivitäten, welche auf die Verlagerung der Kataraktoperationen aus den stationären Bereich hinaus in ambulante Einrichtung gezielt hatten. Österreich ist mit Deutschland Weltspitze bei den Hospitalisierungen. (APA, 5.11.2013)