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Auch das hohe Tempo in der Arbeitswelt führt zu hohen psychischen Belastungen.

Foto: dpa/Oliver Berg

Graz – Die Beschleunigung der Arbeitsprozesse, berufliche Unsicherheit, permanente Erreichbarkeit, die Vermischung von Beruf und Privatleben – mit all den Veränderungen und dem höheren Tempo in der Arbeitswelt steigen die Belastungen am Arbeitsplatz.

Beinahe ein Drittel der steirischen Beschäftigten fühlt sich einer aktuellen Studie (1000 Befragte) der steirischen Arbeiterkammer (AK) zufolge bereits "sehr hoch"  belastet. "Bei einer Grundgesamtheit von rund 480.000 Beschäftigten bedeutet das, dass sich in der Steiermark knapp 150.000 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen über Gebühr belastet fühlen", sagt die Marktforscherin und Studienautorin Claudia Brandstätter.

Mentale Überforderung

Ein Großteil der Studienteilnehmer fühlt sich in der Arbeit mental überfordert. 45 Prozent der Befragten gaben an, die "geistigen Belastungen"  in der jüngsten Vergangenheit seien "sehr stark" , 25 Prozent meinten, sie seien "stark" gestiegen. Körperliche Anstrengung und Leistungsdruck bewerteten in der Studie nur rund sieben Prozent als belastend.

36 Prozent der Befragten gaben zu Protokoll, dass sie sich "sehr stark" durch die Arbeitsmenge, die sie täglich zu bewältigen hätten, belastet fühlen. Für ein Drittel der Befragten ist die Arbeitsbelastung in den vergangenen drei Jahren stark angestiegen. Die Umfrage förderte auch ein überraschendes Detail zutage: Den steigenden Belastungen fast zum Trotz gaben 92 Prozent der Studienteilnehmer an, dass sie eigentlich sehr gern arbeiten, immerhin knapp 90 Prozent äußerten sich sogar "sehr zufrieden" mit ihrer derzeitigen Beschäftigung.

Betriebsklima als wesentlicher Faktor

Die Begründung für die scheinbare Diskrepanz zwischen Belastung und Arbeitszufriedenheit liegt im Betriebsklima, das in diesem Zusammenhang die wichtigste Rolle spielt. Erst an vierter Stelle wurde die "gute Bezahlung" als Parameter für diese Zufriedenheit genannt.

Während das Arbeitnehmerschutzgesetz von den Unternehmen seit 1. Jänner 2013 ausdrücklich auch die Berücksichtigung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz verlangt, bieten die Betriebe laut AK-Studie kaum Hilfestellungen zum Abbau der Belastungen oder etwa Gesundheitsförderungsprogramme an. Knapp drei Viertel der Befragten wiesen darauf hin, dass sie daher selbst aktiv seien, um Stress abzubauen – vorwiegend über sportliche Aktivitäten.

"Rauer Wind"

"Die Arbeitgeberverbände sind die Ersten, die eine Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters fordern. Aber nur eine Minderheit der Arbeitgeber leistet einen Beitrag dazu, dass die ArbeitnehmerInnen gesund im Job bleiben können", sagte der Präsident der steirischen AK, Josef Pesserl, am Dienstag bei der Studienpräsentation. Bezeichnend für den "rauen Wind in der Arbeitswelt"  sei, dass sich immer mehr durch die "zu bewältigende Arbeitsmenge"  belastet fühlen.

AK-Präsident Pesserl: "Das ist das Ergebnis, wenn im Zeichen der Gewinnmaximierung bei den Beschäftigten gespart wird." Pesserl sprach sich für eine gesetzliche Verpflichtung zu Gesundheitsförderungsprogrammen aus. (Walter Müller, DER STANDARD, 6.11.2013)