Großangelegter Einsatz gegen das Drogenkartell auf chinesischem Festland: Johnnie Tos "Drug War" ist Genrekino auf höchstem Niveau. 

Foto: viennale

Die erste Besonderheit von Johnnie Tos Du zhan (Drug War) besteht darin, dass es sich um den ersten Film des Hongkong-Genreregisseurs handelt, den er auf chinesischem Festland realisiert hat. Die zweite Besonderheit lautet, dass dies auf Tos stilistische Kunststücke in puncto elegant-funktionale Actionabläufe zwar keine unmittelbaren Auswirkungen hat; dennoch wirkt der in blau-grauen Farben gehaltene Film insgesamt offener gegenüber der realen Umwelt (gedreht wurde im winterlichen Jinhai). China ist hier eine von endlosen Autobahnen und Industrielandschaften charakterisierte Zone, die längst von Verbrechenssyndikaten erobert wurde.

Drug War beginnt mit einer Explosion in einer Fabrik, in der die Droge Meth hergestellt wird. Sobald sich der grüne Nebel ein wenig lichtet - To ist bekannt für verschachtelte Handlungsstränge -, kommt es zu einer aus mehreren Zufällen geborenen Zusammenarbeit zwischen dem Cop Zhang (verkörpert von einem großartig verschmitzten Sun Honglei) und dem Gangsterboss Timmy Choi (Louis Koo). Letzterer versucht seinen Kopf noch einmal aus der Schlinge zu ziehen, während der Polizist, der längere Zeit undercover agiert hat, endlich ins Herz des Drogenkartells vorzudringen versucht.

Das hört sich geradliniger und vor allem unkomplizierter an, als es dann abgewickelt wird. Um Zhang etwa in die kriminelle Organisation einzuschleusen, braucht es einigen strategischen Aufwand, darunter dessen Verkörperung gleich zweier unterschiedlicher Mittelsmänner. Jeder weitere Schritt macht die Camouflage noch komplexer. To kombiniert Zufallsbegegnungen mit Verfolgungen, geheime Zusammenkünfte mit Showdowns, und über allem liegt der Zweifel, ob die Allianz der beiden Männer dies überhaupt trägt.

Kaum ein US-Genrefilm der letzten Jahre fällt einem ein, der mit solcher Freude an Dopplungen und Täuschungsmanövern zur Sache geht wie hier Johnnie To und sein Langzeitdrehbuchautor Wai Kai-fai. Dies verlangt auch erhöhte Aufmerksamkeit beim Zuschauer, der die Clous zusammenfügen muss. Belohnt wird man dafür mit Auflösungen, die die narrativen Interessenlagen aufs Äußerste zuspitzen.

"Live or die, I'll be with you", der von Zhang zu Timmy Choi geäußerte Satz, mag ja für viele Gangster-Cop-Duos stimmen - Tos Weg, ihn zu Ende zu denken, ist um das entscheidende Maß pointierter. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 5.11.2013)