Seit Dienstagabend harren die ehemals im Servitenkloster untergebrachten Flüchtlinge in der Akademie der bildenden Künste aus. Mehr Bilder in Newalds Photoblog.

Foto: Robert Newald

Wien - Götter und Kaiser beobachten die derzeitigen Vorgänge in der Aula der Akademie der bildenden Künste am Wiener Schillerplatz. Die Protagonisten des Deckengemäldes "Titanensturz" und die Konterfeis der Kaiser Leopold I. und Franz Joseph I. wachen über zwei Dutzend Flüchtlingen und Unterstützern, die seit Dienstagabend in der Bildungsinstitution ausharren, nachdem sie aus ihrer vorherigen Unterkunft, dem Servitenkloster, ausziehen mussten.

Am Montag soll sich entscheiden, wie lange sie noch hierbleiben. Rektorin Eva Blimlinger hat ein Ultimatum gestellt, die Personen sollen die Räumlichkeiten verlassen, andernfalls steht eine Zwangsräumung mithilfe der Polizei zur Debatte. Am Montag soll es zu einem Treffen der Hausherrin mit den Besetzern kommen, anschließend ist eine Presseinformation geplant, erzählt Sonntagmittag eine Aktivistin.

Vereinzelt kommen Schaulustige in die Aula, studieren die an den Säulen affichierten selbstgebastelten Plakate, auf denen unter anderem eine Kontinuität zwischen Naziregime und derzeitigem Asylwesen gesehen wird. Auf einer Matte im Säulengang liegt ein junger Flüchtling, die Verständigung mit ihm ist aber schwierig, da er weder Englisch noch Deutsch spricht.

Freundliche Besetzer

Die Übrigen schlafen im Hörsaal M 20 im Mezzanin. Aber nicht aus Faulheit, wie der Security-Mann vor dem Aula-Eingang sagt. "Die haben bis zwei oder drei in der Früh ein Treffen abgehalten." Wie seine Erfahrungen mit den Männern sind? "Die machen gar keine Probleme. Die sind freundlich, helfen beim Putzen, es gibt gar keine Schwierigkeiten."

Mit anderen hat er gegenteilige Erfahrungen gemacht: "Es gibt Leute, die kommen und sind aggressiv. Am Donnerstagabend hat einer eine Scheibe bei der Eingangstür eingeschlagen, fünf Leute haben den bändigen müssen."

Einen politischen Hintergrund habe der Vorfall aber nicht gehabt, sagt Polizeisprecher Roman Hahslinger am Sonntag. "Der 21-Jährige war sehr betrunken, er hat sich aber nicht fremdenfeindlich geäußert."

Die Migranten und Aktivisten zeigen ein durchaus strukturiertes Vorgehen, wie ein Rundblick in der Aula zeigt. In einem Sesselkreis steht ein Flipchart mit den Ergebnissen einer Besprechung. Mit durchaus interessantem Inhalt. Denn offenbar stehen intern fünf neue Quartiere zur Diskussion.

Angst vor Trennung

Eine orthodoxe und eine katholische Kirche, ein aufgelassenes Finanzamt, eine durch Spendengelder finanzierte private Unterkunft und die Adresse eines Gemeindebaus in Wien-Mariahilf sind mit grünem Filzstift vermerkt.

Ein Besuch im Gemeindebau zeigt, dass zwei Plätze auf dem Klingelbrett nicht belegt sind - ob es sich dabei um leerstehende Wohnungen handelt, lässt sich aber nicht feststellen.

Der Konflikt dreht sich derzeit ja nicht nur um die grundsätzlichen Forderungen nach Reformen des Aufenthaltssystems. Sondern vor allem um den Wunsch der 24 Männer aus dem Servitenkloster, nicht getrennt untergebracht zu werden, da sie Abschiebungen befürchten.

Kein Gemeinschaftsquartier

Ein derartiges Gemeinschaftsquartier kann die Caritas bisher aber nicht bieten. Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas Wien, betonte aber in der Vorwoche, niemand würde auf der Straße übernachten müssen, der Fonds Soziales Wien habe den Betroffenen Unterbringungsplätze zugesichert.

Unabhängig von der Entscheidung der Akademierektorin Eva Blimlinger wird die Aula jedenfalls im politischen Fokus bleiben. Am Montag werde es ab 10 Uhr einen "Tag der offenen Tür" geben, sagt eine lieber ungenannt bleiben wollende junge Aktivistin vor Ort. Neben einer Filmvorführung und einem Konzert soll dort ab 16 Uhr auch eine Diskussion stattfinden. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 4.11.2013)