Bild nicht mehr verfügbar.

Erich Lederer - im Bild mit seiner Frau Elisabeth - verkaufte 1972 den "Beethovenfries" an die Republik. Die Rechtsnachfolger forden diesen zurück.

APA/PRIVAT

Wien - Keine Frage, die Verhandlungen über den Ankauf des Beethovenfrieses von Gustav Klimt zogen sich nicht nur über Jahrzehnte, sie waren auch beschämend: Die Republik versuchte Erich Lederer, in der NS-Zeit nach Genf geflüchtet, ab 1950 mit Tricks "in die Knie zu zwingen". Unterdessen nahm das arg ramponierte Kunstwerk immer größeren Schaden.

Doch wurde Erich Lederer, der schließlich, 1972, also unter Bundeskanzler Bruno Kreisky, 15 Millionen Schilling für den Fries erhielt, über den Tisch gezogen? Wie berichtet, fordern die Rechtsnachfolger mit Unterstützung mehrerer Anwälte das außerordentliche Kunstwerk nun zurück.

Über die Geschichte des Frieses gibt das Buch Gustav Klimt, Egon Schiele und die Familie Lederer von Christian M. Nebehay Auskunft. Es erschien 1987, zwei Jahre nach dem Tod von Erich Lederer und dem Abschluss der teuren Instandsetzungsarbeiten.

Der Fries, 1902 von Klimt anlässlich der Präsentation einer Beethovenstatue von Max Klinger in der Secession geschaffen, sollte eigentlich zerstört werden. Der Industrielle Carl Reininghaus rettete ihn in letzter Sekunde. 1918 verkaufte er den Fries aber an August Lederer. Gegenüber dessen Sohn Erich soll Reininghaus gesagt haben: "Bisher habe ich über zehn Jahre lang das Möbeldepot bezahlt, und von jetzt an soll eben Ihr Herr Vater diese Gebühren bezahlen!" Ihm, Reininghaus, sei es nicht gelungen, den Fries aufzustellen. "Und es wird auch Ihrem Herrn Vater nicht gelingen."

Laut Nebehay habe Erich Lederer dieses Gespräch mit dem Satz "Wie recht hatte Reininghaus" kommentiert. Denn der 34 Meter lange Fries sei "nun einmal kaum unterzubringen". Direkt danach folgen im Buch Die Reisen des Beethovenfrieses, chronologisch erzählt von Erich Lederer.

Über die zwölfte Reise schreibt er: "Nach seiner Erwerbung durch den österreichischen Staat wurde der Fries in die staatliche Restaurieranstalt des Bundesdenkmalamtes im Arsenal transportiert, wo er sich derzeit befindet." Ihm würde eine letzte, die 13. Reise bevorstehen: "Nach meiner Meinung wäre der prädestinierteste und sinnvollste Raum das Foyer der Wiener Staatsoper."

Nebehay erklärt, warum dieser Wunsch unerfüllbar blieb: weil der Fries nicht für einen Raum mit Fensterwand konzipiert gewesen sei. Interessanterweise wird im Buch kein einziges negatives Wort über den Verkauf verloren. Die Publikation geschah aber mit Zustimmung von Ottokar von Jacobs: Er steuerte das mehrseitige Vorwort bei. (Erich Lederer hatte mit seiner Frau Elisabeth keine Kinder; Ottokar von Jacobs war deren Bruder.)

Hochinteressant ist auch, was der Galerist John Sailer zu erzählen hat. Geboren 1937 in Wien, floh er mit seinen Eltern über Zürich und Paris nach New York, 1947 kehrte er zurück. Nach dem Tod seines Vaters 1957 wurde Wilhelm Rosenzweig sein Vormund. Rosenzweig war u. a. Anwalt der SPÖ - und von Erich Lederer, mit dem er befreundet war. Zu Besuch bei Rosenzweigs sei auch Kreisky gewesen. Aufgrund des gemeinsamen Freundes Karl Kahane sei es nach Ansicht von John Sailer "ausgeschlossen, dass da jemand erpresst worden wäre".

Der Gründer der Galerie Ulysses erinnert sich im Gespräch mit dem Standard: "Das größte Problem für Erich Lederer war der schlechte Zustand des Frieses. Er bedurfte dringend der Restaurierung. Damit war Lederer, wie er selber meinte, überfordert." Man hätte den Fries nicht exportieren können, erinnert sich Sailer: "Das wäre völlig unmöglich gewesen. Erich Lederer wollte, dass der Fries restauriert wird. Mit dem Ankauf durch die Republik - Rosenzweig führte die Verhandlungen - war er diese große Sorge los. Er fühlte sich befreit von einer ungeheuren Last." Natürlich sei Lederer froh gewesen, endlich Geld bekommen zu haben, sagt Sailer. "Aber es ging ihm mehr darum, den Fries abzusichern. Und dass er in eine öffentliche Sammlung kommt."

1985 schenkte Elisabeth Lederer der Albertina elf Skizzen von Klimt zum Beethovenfries. Daraus könne man aber keine Zustimmung zum Verkauf des Kunstwerks 1972 ableiten, argumentieren die Rechtsnachfolger. Sailer hingegen sagt: "Lederer hatte in Genf jede Menge Klimt-Zeichnungen. Er hätte sie verkaufen können. Aber er wollte, dass sie in die Albertina kommen. Das war sein Wunsch. Das hat er mir selber gesagt."

Lederer hätte sich ihm gegenüber nie beklagt, von Österreich unter Druck gesetzt worden zu sein: "Er hat schon gejammert. Aber nicht wegen des Frieses, sondern wegen des Bellini-Bildes." 1950 presste man Lederer als Gegenleistung für die Ausfuhrgenehmigung der übrigen Sammlung auch Gentile Bellinis Gemälde Kardinal Bessarion ab. "Das wollte er gerne zurückhaben", sagt Sailer. Doch der Staat blieb stur. Erst 1999, nach Inkrafttreten des Kunstrückgabegesetzes, erhielten die Rechtsnachfolger das Bild zurück. Es hängt heute in der National Gallery von London. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 4.11.2013)