Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Reuters/Schwarz

So spät in seiner Karriere mag sich Hans-Christian Ströbele diese Aufmerksamkeit vielleicht nicht mehr erwartet haben. Als er am Freitag jenen Brief präsentierte, den ihm NSA-Aufdecker Edward Snowden am Vortag übergeben hatte, schien der Medienrummel sogar den 74-jährigen Politveteranen ein wenig zu überraschen.

Als Kämpfer für Unterdrückte präsentiert sich der Anwalt, der als eine der Gründungsfiguren der deutschen Grünen gilt, gern. Das Zeit-Magazin behauptete in einem Porträt gar einmal, es gebe vermutlich "keine Minderheit, für die er noch nicht demonstriert hat".

Dass sich, so wie es derzeit laut Umfragen der Fall ist, eine Mehrheit mit seinen Forderungen identifizieren kann, ist dagegen eine Erfahrung, die der konsequente Vegetarier und Antialkoholiker sich erst im Lauf der vergangenen Jahrzehnte erarbeitet hat.

Politisch in Erscheinung trat Ströbele erstmals nach seinem Jus-Studium, als er 1969 gemeinsam mit dem späteren RAF-Mann Horst Mahler (der noch später zum Rechtsextremisten und NPD-Mitglied wurde) das sogenannte Sozialistische Anwaltskollektiv gründete. Dass er ab 1970 auch die Verteidigung mehrerer RAF-Mitglieder – etwa Andreas Baader – übernahm, kostete ihn 1975 die Mitgliedschaft in der SPD.

In der Parteiarbeit bei den Grünen, denen er erst 1983 tatsächlich beitrat, hat er sich später als Brückenbauer zu den "Realos"  erwiesen. Wenn auch mit Grenzen: Streit mit dem grünen Außenminister Joschka Fischer und den Verlust eines aussichtsreichen Listenplatzes nutzte er 2002 in einer Kampagne im Berliner Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg für den Werbespruch "Ströbele wählen heißt Fischer quälen" . Die Strategie ging auf, Ströbele sitzt seither als einziger Grüner mit Direktmandat im Bundestag. Dreimal wurde der "König von Kreuzberg"  wiedergewählt.

Bei einer Standard-Diskussion im Burgtheater lobte er 2010 die Veröffentlichung der Wikileaks-Akten als "Akt der Pressefreiheit"  – im Widerspruch zum späteren deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck.

Seinem Einsatz hat auch eine laut eigener Aussage überwundene Prostatakrebs-Erkrankung 2012 keinen Abbruch getan. Schon Ende Juli regte er im parlamentarischen Kontrollgremium, das deutsche Geheimdienste überwachen soll, an, "diesen Herrn Prism" zur Überwachung durch die NSA zu befragen. Gemeint war damals schon Snowden – jetzt hat er selbst nachgefragt. (Manuel Escher /DER STANDARD, 2.11.2013)