Schnaderbeck hält nicht viel von "Angsthasenfußball".

Foto: ÖFB

Standard: Mit Frankreich wartete am Donnerstag eigentlich ein übermächtiger Gegner auf das ÖFB-Team. Hat man vor so einer Partie Angst?

Schnaderbeck: Angst haben wir nicht. Frankreich ist Weltranglisten-Sechster – ein absolutes Topteam. Wir freuen uns, die Gelegenheit zu haben, gegen so eine Mannschaft spielen zu dürfen. Ein Punktegewinn wäre eine Weltsensation. Aber wir rechnen mit nichts.

Standard: Wie wird das Spiel angelegt?

Schnaderbeck: Wir werden sicher keinen Angsthasenfußball spielen. Wir wissen natürlich, dass gegen eine offensiv starke Mannschaft wie Frankreich defensiv alles passen muss. Darauf liegt das Hauptaugenmerk. Natürlich möchten wir auch offensiv Akzente setzen und den Französinnen das Leben schwermachen

Standard: Die Qualifikation für die WM in Kanada 2014 ist grundsätzlich eine äußerst diffizile Aufgabe, da nur acht europäische Teams (sieben Gruppenerste plus der Gewinner des Playoffs zwischen den vier besten Gruppenzweiten) dabei sein werden. Sehen Sie dennoch eine Chance für das ÖFB-Team?

Schnaderbeck: Das Wichtigste ist, dass wir die positive Entwicklung fortsetzen. Um uns für die WM zu qualifizieren, muss sehr viel zusammenpassen. Wir haben in Finnland sehr unverdient 1:2 verloren, aber die Gruppenphase dauert noch lang. Es ist noch alles möglich. Wir schauen von Spiel zu Spiel. Platz zwei ist jedenfalls das Ziel.

Standard: Das ÖFB-Team hat in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. Was waren die Gründe dafür?

Schnaderbeck: Seit Dominik Thalhammer 2011 als Teamchef übernommen hat, wird sportlich eine neue Philosophie verfolgt. Wir setzen auf gute Defensivarbeit, wollen aber auch offensiv kreativ, variabel und mutig spielen und taktisch die Trainervorgaben umsetzen. Wir sind ein sehr junges und williges Team. Viele Spielerinnen spielen mittlerweile auf hohem Niveau. Wir haben einen super Teamgeist, ein sehr gutes Mannschaftsgefüge. Sowohl Spielerinnen als auch Trainerteam arbeiten sehr professionell.

Standard: "Tolle Persönlichkeit", "wertvolle Spielerin", "spielbestimmend", "sehr ballsicher": Das sind die Attribute, die Ihnen Teamchef  Thalhammer zuschreibt – möchten Sie dem noch etwas hinzufügen?

Schnaderbeck: Mir ist es eher unangenehm, über meine Stärken zu sprechen. Aber das, was er sagt, freut mich natürlich.

Standard: Heuer sind Sie als Nachfolgerin von Marlies Hanschitz, die ihre Teamkarriere beendet hat, zur Kapitänin des Nationalteams erkoren worden – eine besondere Ehre?

Schnaderbeck: Ja. Das war für mich eher unerwartet. Ich habe mich sehr darüber gefreut und das Amt gerne angenommen. Als Kapitänin versuche ich voranzugehen, mich für die Mannschaft einzusetzen und zu schauen, dass alles passt. Das ist mir wichtig, weil ich gerne Fußball spiele, wenn alles harmonisch ist.

Standard: Bekommt der Frauenfußball in Österreich ausreichend Aufmerksamkeit?

Schnaderbeck: Das kann ich schwer sagen, weil ich in Deutschland spiele, wo das mediale Interesse sehr groß ist. In Österreich wird verhältnismäßig wenig berichtet. Ich finde das schade, weil  deshalb auch wenige Zuschauer kommen.

Standard: Sie spielen bei Bayern München, einem Klub, der polarisiert. Gilt das auch für die Frauenabteilung?

Schnaderbeck: Das ist bei den Männern extrem. Aber für gegnerische Teams und Fans ist es auch bei den Frauen etwas Besonderes, gegen Bayern zu spielen.

Standard: Ist David Alaba schon einmal bei einem Liga-Spiel der Bayern-Frauen auf der Tribüne gesessen?

Schnaderbeck: Davon wüsste ich nichts – kann ja noch werden. Aber Bastian Schweinsteiger hat angekündigt, einmal zuschauen zu wollen. Vereinzelt gibt es Bayern-Spieler, die sich für den Frauenfußball interessieren.

Standard: Wie ist der Kontakt zwischen Fußballerinnen und Fußballern bei Bayern?

Schnaderbeck: Die Profis trainieren und leben sehr abgeschottet. Es gibt daher wenig Kontakt. Man trifft sich gelegentlich in der Kantine oder auf dem Trainingsgelände. Persönlich kenne ich nur Alaba, Diego Contento und ein paar jüngere Spieler.

Standard: Arbeiten Sie lieber mit männlichen oder weiblichen Trainern?

Schnaderbeck: Ich bevorzuge männliche Trainer. Frauen tendieren dazu, ein Naheverhältnis zu den Spielerinnen aufzubauen, was meistens nicht so gut ist.

Standard: Sie sind nebenher Studentin. Wären Sie gerne Profifußballerin?

Schnaderbeck: Selbst wenn ich die Möglichkeit dazu hätte,  würde ich das nicht wollen. Ich brauche etwas für den Kopf, will beruflich weiterkommen. Das ist der Anspruch, den ich an mich habe.

Standard: Kommen Sie mit Ihrem Einkommen als Fußballerin über die Runden?

Schnaderbeck: Ich habe nebenher keine Einkünfte, lebe also von diesem Gehalt. Das geht sich aus, ein Luxusleben ist aber nicht drin. Natürlich bekommen wir bei weitem nicht so viel wie die Männer. Wir verdienen aber zumindest so viel, dass wir nicht oder nur geringfügig arbeiten müssen.

Standard: Bayern klingt schon ziemlich gut. Gibt es einen anderen Verein, bei dem Sie gerne einmal spielen würden?

Schnaderbeck: Ich bin total zufrieden in München. Im Moment spricht nichts für einen Vereinswechsel. Aber ich bin für alles offen. Man weiß nie, wie sich die Dinge entwickeln. Für mich gibt es nicht den einen Verein, bei dem ich unbedingt spielen will.

Standard: Die Akzeptanz von Frauenfußball ist zwar deutlich gestiegen. Dennoch gibt es noch immer Kritik wie "so ein Rumgegurke", "das kann man sich nicht anschauen". Was setzen Sie dem entgegen?

Schnaderbeck: Solchen Kommentaren schenke ich nicht so viel Aufmerksamkeit. Jene, die sich für Frauenfußball interessieren, tun das, weil sie ihn gut finden. Viele, die sich ursprünglich nicht dafür interessiert haben, wurden vom Gegenteil überzeugt, wenn sie sich Spiele angesehen haben. Das spricht für den Frauenfußball. Die, die blöd reden, die müssen blöd reden, die sollen blöd reden. Die haben keine Ahnung.

Standard: Ärgern Sie Vergleiche zwischen Frauen- und Männerfußball?

Schnaderbeck: Ja. Weil man das einfach nicht vergleichen kann. Natürlich können wir in physischer Hinsicht nie das leisten, was Männer können. Aber technisch und taktisch sind wir mindestens genauso gut wie die Männer. (Birgit Riezinger, DER STANDARD - 31.10. 2013)