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Chris Inglis, NSA-Vizedirektor, Keith Alexander, NSA-Direktor, Geheimdienstchef James Clapper und Vizejustizminister James Cole sagen im Repräsentantenhaus aus.

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Demonstranten sind auch anwesend. Ihre Botschaft ist kurz und bündig.

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Die millionenfache Auswertung von Telefongesprächen in Europa ist nach Angaben von NSA-Direktor Keith Alexander zumindest teilweise von den nationalen Geheimdiensten selbst durchgeführt worden. Die in Frankreich, Spanien und Italien gesammelten Daten über Telefongespräche, über die Medien berichteten, stammten nicht allein vom Geheimdienst NSA, sondern auch von seinen ausländischen Partnern.

Alexander erklärte dies am Dienstag in einer Anhörung vor dem Geheimdienstausschuss im Abgeordnetenhaus. Anderslautende Medienberichte bezeichnete er als "vollkommen falsch". Die französische Zeitung "Le Monde" hatte unter Berufung auf Dokumente des Informanten Edward Snowden berichtet, die NSA habe innerhalb von rund zwei Monaten zum vergangenen Jahreswechsel rund 70 Millionen Datensätze zu französischen Telefongespräche gesammelt.

In einem ähnlichen Bericht der Zeitung "El Mundo" war von 60 Millionen Datensätzen in Spanien die Rede. Die Enthüllungen hatten einen Sturm der Kritik in den Ländern ausgelöst. Es war neben der Überwachung des Handys von Bundeskanzlerin Angela Merkel einer der Gründe für den Plan des Brüsseler EU-Gipfels, Ordnung in die Geheimdienst-Beziehungen zu den USA zu bringen.

Alexander: Dokumente falsch interpretiert

Alexander sagte, dass Journalisten die von Snowden beschafften Papiere falsch interpretiert hätten. "Sie und die Person, die die geheimen Daten gestohlen hat, verstanden nicht, was sie da sahen." Die von den europäischen Geheimdiensten an die Amerikaner übergebenen Daten seien Teil eines groß angelegten Austauschprogramms gewesen. "Sie repräsentierten Informationen, die wir und unsere NATO-Alliierten für die Verteidigung unserer Nationen und zur Unterstützung militärischer Operationen gesammelt hatten", sagte Alexander. "Dies sind keine Informationen, die wir über europäische Bürger gesammelt haben."

Deutsche Delegation in Washington

Der NSA-Chef bestätigte damit indirekt einen Bericht des "Wall Street Journal", der kurz vor der Anhörung online erschienen war. Darin hieß es, dass die Millionen Telefon-Datensätze auch nicht in Frankreich und Spanien selbst, sondern im Ausland gesammelt wurden - unter anderem in Kriegsgebieten. Um die Überwachung des Telefons von Angela Merkel gehe es dabei nicht. Zu dieser Causa soll es am Mittwoch ein Treffen von hochrangigen Vertretern beider Regierungen kommen. Die deutsche Delegation werde im Weißen Haus in Washington erwartet, sagte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates von US-Präsident Barack Obama, Caitlin Hayden, der Nachrichtenagentur dpa.

"Die ganze Wahrheit"

In der Anhörung verteidigte Alexander erneut die Spähprogramme seiner Behörde als wichtiges Mittel im Anti-Terror-Kampf. Seit dem 11. September 2001 habe es keinen Terrorangriff auf die USA mit einer größeren Zahl an Toten gegeben, sagte er. In einer langen, emotionalen Stellungnahme führte er aus, wie wichtig die Arbeit der NSA für das Land sei. Er erklärte, dem Ausschuss "die ganze Wahrheit" darlegen zu wollen.

Der Enthüllungsjournalist Glenn Greenwald widersprach der Behauptung, die NSA-Aktivitäten dienten dem Anti-Terror-Kampf. "Nichts hiervon hat mit Terrorismus zu tun", sagte er im TV-Sender CNN. "Ist Angela Merkel eine Terroristin? Hier geht es eindeutig um politische Macht und Wirtschaftsspionage.

Vorwürfe gegen Europas Geheimdienste

Der Koordinator aller US-Geheimdienste, James Clapper, bezeichnete die Überwachung ausländischer Spitzenpolitiker bei Geheimdiensten rund um den Globus als übliche Methode. "Die Absichten politischer Führungen, wie auch immer sie ausgedrückt werden, sind das Grundsätzliche, was wir sammeln und analysieren müssen", sagte der Koordinator der 16 amerikanischen Geheimdienste in einer Kongressanhörung am Dienstag in Washington. Zugleich zeigten er und Alexander sich in der Befragung überzeugt, dass Europa seinerseits die USA und deren Politiker ausspioniere.

In diesem Zusammenhang wies der deutsche Auslandsnachrichtendienst nach einem Bericht der Wochenzeitung "Die Zeit" Spekulationen zurück, er würde in den USA Lauschangriffe unternehmen. "Aus der deutschen Botschaft in Washington wird keine Fernmeldeaufklärung durchgeführt", sagte Gerhard Schindler, der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND) dem Blatt.

Berichte über deutsche Spionage in den USA

Die "Washington Post" zitierte in einem Artikel auf ihrer Website ungenannte US-Beamte, denen zufolge der deutsche Auslandsnachrichtendienst im Jahr 2008 die Kommunikation von mindestens 300 US-Bürgern oder in den USA lebenden Menschen ins Visier genommen habe.

Clapper bestätigte zwar nicht direkt, dass die USA etwa Telefongespräche von Merkel oder anderen Staats- und Regierungschefs abgehört hätten. Es sei aber generell "absolut" hilfreich, an solche Kommunikation zu kommen. "Das ist eines der ersten Dinge, die ich 1963 in der Geheimdienstschule gelernt habe", sagte der Spionage-Veteran. "Es ist unersetzlich für uns zu wissen, was die Länder bewegt, was ihre Politik ist." Zu den bevorzugten Abhörzielen gehörten auch militärische Führer.

UNO-Hauptquartier soll nicht mehr ausgespäht werden

Nach Informationen der "New York Times" ist Präsident Barack Obama bereit, auf die Bespitzelung verbündeter Staats- und Regierungschefs künftig zu verzichten. Die Zeitung berichtete unter Berufung auf amerikanische Abgeordnete und Regierungsbeamte, dass Obama die Bespitzelung von Partnern künftig grundsätzlich untersagen will. Dies würde einen grundlegenden Wandel für die Arbeit des US-Geheimdienstes NSA bedeuten.

Die Überwachung von Merkels Handy wurde nach anderen Berichten bereits in diesem Sommer gestoppt. Unklar ist weiterhin, wann Obama selbst von der Bespitzelung erfahren hat. Die CDU-Vorsitzende soll bereits seit 2002 vom US-Geheimdienst NSA abgehört worden sein. Die Aktion soll auch aus der US-Botschaft in Berlin betrieben worden sein. Wahrscheinlich seien auch Gespräche aufgezeichnet worden.

Auch das UN-Hauptquartier in New York ist US-Regierungsvertretern zufolge nicht mehr im Visier der NSA. Obama habe den Geheimdienst jüngst angewiesen, die elektronische Überwachung des Sitzes der Vereinten Nationen zu beenden. Die NSA lehnte eine Stellungnahme zu den Vorgängen ab. Bei den Vereinten Nationen war zunächst niemand zu erreichen. (APA, 29./30.10.2013)