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Tobias Natter trat als museologischer Direktor des Leopold-Museums zurück.

Foto: Lilli Strauss/dapd

Gerade einmal zwei Jahre ist es her, dass Tobias G. Natter als museologischer Direktor des Leopold-Museums präsentiert wurde - und damit als Nachfolger von Rudolf Leopold, der Ende Juni 2010 gestorben war. Der smarte, großgewachsene Kunsthistoriker mit der sonoren Stimme hatte mit gutem Grund als Favorit gegolten. Schließlich ist Natter ein Spezialist für die österreichische Kunst um 1900, also für Gustav Klimt und Egon Schiele, die Leopold bevorzugt gesammelt hatte.

Natter, geboren am 26. Mai 1961 in Dornbirn, studierte u. a. Geschichte und Kunstgeschichte. Nach der Promotion 1988 arbeitete er für das Historische Museum der Stadt Wien (nun Wien-Museum); 1991 wechselte er an die Österreichische Galerie Belvedere, wo er zum Chefkurator aufstieg. Nebenbei realisierte er Ausstellungen im Jüdischen Museum der Stadt Wien, in der Neuen Galerie von New York und an der Tate Liverpool. 2005 folgte mit Die nackte Wahrheit. Klimt, Schiele, Kokoschka und andere Skandale die erste Ausstellung fürs Leopold-Museum.

Dass er sich für die Nachfolge von Gerbert Frodl, dem langjährigen Direktor des Belvedere, bewarb, war nur logisch. Doch im März 2006 wurde Agnes Husslein-Arco bestellt. Daher übernahm Natter im Mai jenes Jahres das Landesmuseum in seiner Heimat Vorarlberg. Er vermochte die Besucherzahlen zu verdreifachen und erarbeitete ein Konzept zur Neupositionierung. Die Wiedereröffnung erlebte Natter, der in Wien einen Lebenspartner hat, nicht mehr mit: Er ließ seinen Vertrag 2011 auslaufen.

Elisabeth Leopold, die Witwe des Sammlers, war bei der Pressekonferenz im September 2011 ganz beglückt. Denn Natter, der sich endlich "angekommen" fühlte, erweckte den Eindruck, ein braver Ziehsohn sein zu wollen. Er schwieg auch vornehm zu unangenehmen Fragen zu Raubkunst, statt sich für Naturalrestitution einzusetzen, wie es manche von ihm erhofft hatten. Doch er war eben "nur" Direktor - und nicht im Vorstand der Stiftung.

Es musste aber allen klar gewesen sein, dass er, ein Mann mit hoher Integrität, nicht alles tolerieren würde. Nun trat Natter zurück. Denn er kann nicht akzeptieren, dass Peter Weinhäupl, der kaufmännische Leiter des Museums, mit Zustimmung des Vorstands (nur Elisabeth Leopold legte sich quer) nebenbei für eine eigenartige Klimt-Ucicky-Stiftung arbeitet, in die ganz bewusst Raubkunst integriert wurde. "Da mache ich nicht mit", sagte Natter. Respekt. (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 30.10.2013)