Bei den Anti-Regierungsprotesten in der Türkei zum Tag der Republik könnte die Gezi-Partei zum ersten Mal auftreten. In der Protestszene ist die Idee mit der Partei aber durchaus umstritten.

Sehr wahrscheinlich gibt es in der Gezi-Überwachungsabteilung im türkischen Geheimdienst MIT, bei der Polizei und der Regierungspartei AKP jetzt auch einen "special desk" mit Leuten, die von morgens bis spätnachts nur das Gedeihen der neuen Gezi-Partei zu beobachten haben: Facebook gucken, Twitter lesen , Häuserfassaden im Land nach möglichen Graffitis mit dem neuen Parteilogo abgrasen, vor allem aber das aufrechte Fähnlein der 30+ Parteimitglieder überwachen, das sich geoutet hat.

Cem Köksal steht der neuen Partei vor, weil irgendeiner es ja machen muss. „Freunde, ich bin nur einer der Gründer der Gezi-Partei", twitterte er dieser Tage , "dem Gesetz für politische Parteien gemäß muss ein Vorsitzender gewählt werden". Das war dann eben der 37-jährige Köksal, hauptberuflich Hardrocker. Sein erstes Album aus dem Jahr 2003 trug den bereits sehr verdächtigen Titel "Set me free!". Das Parteilogo zeigt einen Menschen, erdverwachsen wie ein Baum, und den man also von Staats wegen nicht einfach so herausreißen kann. Die Charta erklärt eine Verfassung in der Türkei zum Ziel - „gegründet auf dem Verständnis demokratischer Freiheiten und in Einheit mit einer Gesellschaft, die das Individuum respektiert".

Die Gezi-Partei findet derzeit in erster Linie im Facebook statt und zieht durchaus gemischte Reaktionen des Aufstandsvolks vom Sommer dieses Jahres nach sich, wie zum Beispiel ein Blick ins offene türkische Online-Lexikon Eksi Sözlük und die dortigen Kommentare zeigt:

"Das bedeutet, dass die Opposition durch eine weitere Partei zersplittert wird."

"Eine unnötige Partei, es wäre besser, wenn sie eine NGO oder ein Verein bliebe... Es wäre besser, wenn sie sich HDP, ÖDP oder EMEP anschlössen."

"Die Partei, von der ich glaube, dass ich sie wähle, nachdem ich ihr Programm gelesen habe, und es ist mir total egal, ob die Stimmen für die CHP dann aufgeteilt werden."