Wien – Patienten mit einer Post-Zoster-Neuralgie leiden durchschnittlich 37 Monate lang unter den heftigen neuropathischen Schmerzen. 16 Prozent der 149 untersuchten Patienten hatten bis zu fünf Schmerzattacken pro Tag, knapp 13 Prozent fünf bis zehn Attacken, 8,7 Prozent zehn und mehr. Durchschnittlich dauerten die Attacken 23,5 Minuten. Etwa zehn Prozent der Patienten hatten Dauerschmerzen von vier bis 12 Stunden pro Tag.

Diese Ergebnisse einer Untersuchung wurden auf dem Europäischen Schmerzkongress (EFIC) vorgestellt und "veranschaulichen die Schmerzlast und die enorme individuelle Beeinträchtigung durch neuropathische Schmerzen bei einer Post-Zoster-Neuralgie", so Burkhard Gustorff (Wilhelminenspital Wien) anlässlich der 13. Österreichischen Schmerzwochen der ÖSG.

Antileptika und Antidepressiva

Neuropathische Schmerzen werden als stechend, brennend, kribbelnd oder einschießend beschriebenen und sind auf eine Schädigung oder Verletzung von Nerven zurückzuführen, ausgelöst durch eine Herpesinfektion, Diabetes, Bandscheibenvorfälle oder Schlaganfälle, aber auch Operationen oder Chemotherapien.

Herkömmliche Schmerzmittel vom Typ der NSAR (Nichtsteroidale Antirheumatika, Anm.Red.) sind zur Therapie neuropathischer Schmerzen meistens nicht geeignet. "Wir wissen heute, dass hier in erster Linie Nervenmedikamente helfen, die ursprünglich zur Behandlung von epileptischen Anfällen (Antiepileptika) und Depressionen (Antidepressiva) entwickelt wurden", so Gustorff. Eine Untergruppe von Patienten spricht auch auf Opioid-Schmerzmittel gut an. Als Therapie zur örtlichen Behandlung eignen sich Cremes und Pflaster, die einen Wirkstoff aus der Chilischote (Capsaicin) oder ein Betäubungsmittel enthalten und die Schmerzempfindlichkeit direkt auf der Haut herabsetzen. Auch Nervenblockaden erweisen sich in manchen Fällen als sinnvoll.

Gemischter Schmerz

Problematisch ist der sogenannte gemischte Schmerz, bei dem neuropathische und nozizeptive Schmerzen (Stimulation der Schmerzrezeptoren im Gewebe, Anm.Red.) parallel existieren. Insbesondere bei chronischen Rückenschmerzen und dem Ischias-Syndrom (Ischialgie) liegen oft Überlappungen beider Kategorien mit fließenden Übergängen vor.

Während NSAR gegen nozizeptive Komponenten sehr effektiv wirken können, trifft das auf die neuropathischen Aspekte  nicht zu. "Hier ist es wichtig, eine vielleicht vorhandene neuropathische Komponente des Schmerzes zu identifizieren und möglichst bald kompetent zu behandeln", so Gustorff. Erste Hinweise geben stechende, brennende, kribbelnde und vor allem ausstrahlende einschießende Schmerzen. "Diese sollten dem Arzt oder der Ärztin unbedingt mitgeteilt werden, damit sie es bei der Behandlung berücksichtigen können," sagt der Schmerzexperte.

Derzeit befinden sich Untersuchungen zufolge mehr als 20 Prozent der Menschen mit neuropathischen Schmerzen nicht in ärztlicher Behandlung. Für die Patienten bringt das erhebliche Einschränkungen im Privatleben und Berufsalltag und führt nicht selten zu unkontrollierter, potenziell gefährlicher Medikamenteneinnahme. (red, derStandard.at, 28.10.2013)