Wien - 30 Rechtsradikale sollen am Sonntag Räumlichkeiten des türkischen Migrantenvereins ATIGF in Wien überfallen und dabei ein Vorstandsmitglied der Kommunistischen Gewerkschaftsinitiative-International (KOMintern) verletzt haben, teilte KOMintern am Abend mit. Die Polizei bestätigte, dass es einen Angriff mit einem Verletzten gegeben habe.

Neun Personen wurden festgenommen, das Landesamt für Verfassungsschutz ermittelt - auch um zu klären, ob es einen politischen Hintergrund gibt. Sieben haben Vormerkungen wegen Gewaltdelikte, die anderen beiden nach dem Verbotsgesetz. Sie werden dem Fanzusammenschluss "Unsterblich" zugerechnet, dem der Fußballklub Austria Wien im vergangenen Jänner den Status als offizieller Fanklub des Vereins entzogen hat. Alle Mitglieder erhielten Stadionverbot.

Räumlichkeiten im Ernst-Kirchweger-Haus

Gegen 13.30 Uhr stürmten laut Polizeisprecherin Adina Mircioane etwa 30 Anhänger von "Unsterblich" in das Ernst-Kirchweger-Haus und versuchten in die Vereinsräumlichkeiten von ATIGF zu gelangen. Dort habe zu diesem Zeitpunkt die kommunistische Gewerkschaftsorganisation getagt. Auf der Stiege prügelten sie ein Vorstandsmitglied der KOMintern nieder, das dabei verletzt wurde. Mitglieder der ATIGF drängten die Angreifer wieder aus dem Haus. Dabei wurde einer der Aggressoren ebenfalls verletzt.

Mircioane zufolge bewaffneten sich die Hooligans bei einer Baustelle mit Holzlatten und Flaschen für eine weitere Attacke. Als sie jedoch sahen, dass ihre Kontrahenten in der Überzahl waren, flüchteten sie. Die Angegriffenen verfolgten sie und alarmierten die Polizei, die letztlich neun Angreifer festnahm. Sie sind ebenso wie die anderen angezeigten Männer mittlerweile wieder auf freiem Fuß.

Am Montag waren die Ermittler - das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) wurde eingeschaltet - mit der Auswertung von zahlreichen Fotos und Videos beschäftigt, die bei der Attacke entstanden waren. Die Ermittlungen richten sich auch gegen das Vorhaben, Hooligans aller Wiener Clubs zu einer gemeinsamen, schlagkräftigen Gruppe zusammenzuführen - genannt "Eisern Wien".

"Gesinnung nach außen zu tragen"

Austria-Vorstand Markus Kraetschmer bedauerte die Attacke gegenüber ATIGF, der Angriff sei "in keinster Weise zu tolerieren". Bei Vorliegen konkreter Hinweise werde es weitere Stadion- bzw. Hausverbote geben. Kraetschmer forderte auch, dass die Polizei "mit aller Entschiedenheit" gegen die Aggressoren vorgehe.

Der Vorstand erläuterte, dass "Unsterblich" im Jänner 2013 der Status als offizieller Fanklub der Austria aberkannt wurde. Derzeit gebe es zwölf Stadion- und acht Hausverbote. Transparente der Gruppierung werden in der Generali-Arena nicht toleriert. "Wir wissen aber, dass diese Leute immer wieder versuchen werden, dem Verein zu schaden oder ihre Gesinnung nach außen zu tragen", sagte Kraetschmer.

Neonazistische Parolen

Die Grüne Nationalratsabgeordnete Alev Korun erklärte in einer Aussendung, der Angriff "stellt leider einen neuen Höhepunkt Rassismus dar". Augenzeugen hätten ihr gesagt, "dass die Angreifer in einem nahe gelegenen Park neben 'Ausländer raus' auch 'Heil Hitler' geschrieen und den 'Hitler-Gruß' vorgeführt haben sollen". Sie forderte von der Polizei, die Attacke ernst zu nehmen.

Der Fanzusammenschluss "Unsterblich" fiel vor seiner Verbannung durch den Verein auf der Tribüne durch rassistische und neonazistische Parolen wie "Adolf Hitler ist mein Freund", "Zick-Zack Zigeunerpack" und "Rassist, Faschist, Hooligan" auf, auch der Hitler-Gruß war zu sehen. Die Austria reagierte bereits vor einigen Jahren mit Hausverboten.

Politischer Extremismus im Fußball

2009 gab es rund um das EL-Spiel Austria gegen den baskischen Club Athletic Bilbao rechtsextreme Ausschreitungen. Die Partie wurde für etwa 20 Minuten unterbrochen, nachdem Austria-Fans den Platz gestürmt hatten. Insider berichteten damals auch davon, dass führende Mitglieder des berüchtigten und offen faschistischen Lazio-Rom-Anhangs "Irriducibili", von Lewski Sofia und von Real Madrid dabei waren. Die Spanier hatten Fahnen aus der Franco-Ära mitgebracht.

Harald Grünn, der Bundesvorsitzende des KZ-Verband/VdA (Bundesverband österreichischer AntifaschistInnen, WiderstandskämpferInnen und Opfer des Faschismus), verurteilte in einer Aussendung die "brutale Attacke der offensichtlich Rechtsextremen" aufs Schärfste. Er fordert Sicherheitsbehörde und Justiz auf, konsequent und zügig gegen die rechtsextremen Täter vorzugehen. Grünn sieht in der Verletzung eines Gewerkschafters durch Rechtsextreme eine Warnung für alle demokratischen Kräfte. (APA/red derStandard.at, 27./28.10.2013)