Die Zeichen stehen in der Metallindustrie auf Sturm, aber ob ab Dienstag wirklich bundesweit gestreikt wird, ist offen. Denn trotz der festgefahrenen Fronten gibt es Lösungsmöglichkeiten im Tarifkonflikt zwischen Gewerkschaft und Arbeitergebern, die bis Montag 24 Uhr sicher ausgelotet werden.

Relativ simpel ist die Frage der Lohnerhöhung. Mit 2,3 Prozent Angebot der Arbeitgeber und 3,4 Prozent Forderung der Gewerkschaften sind die beiden Seiten nicht so weit voneinander entfernt. Allerdings ist für beide Seiten die „drei vor dem Komma" die entscheidende Schwelle, die sie keinesfalls über- oder unterschreiten wollen.

Volkswirtschaftlich sind drei Prozent oder mehr flächendeckende Erhöhung bei sinkender Inflation und schwacher Auftragslage nicht berechtigt. Aber es gibt ein zweites Verhandlungsthema, das sich mit dem ersten verknüpfen lässt: die Arbeitszeitflexibilisierung.

Unveinbare Positionen

Hier stehen sich eigentlich zwei unvereinbare Positionen gegenüber:

Die Arbeitgeber wollen, dass dass bereits 1997 eingeführte Arbeitszeitkonto erweitert wird, sodass Arbeiter manchmal mehr und manchmal weniger arbeiten – und dadurch Überstundenzuschläge entfallen. Das soll anders als heute über mehrere Jahre gelten.

Die Gewerkschaft sagt, sie ist bereit nur dann über Arbeitszeitflexibilisierung zu reden, wenn es dadurch zu keinerlei Einbußen beim Einkommen kommt.

Beides geht nicht. Wenn die gleiche Zahl an Überstunden durch mehr Freizeit abgegolten wird, dann muss am Ende weniger Geld herausschauen.

Gewerkschaft gegen Zwangsurlaube

Was die Gewerkschaft aber zu Recht ablehnt, ist eine Regelung, in der Arbeiter dann zuhause bleiben, also in eine Art Zwangsurlaub gehen, wenn es dem Unternehmen gerade passt, weil es weniger Aufträge gibt.

Aber zwischen den Positionen ist Raum für Kompromisse. Im Rahmen eines Arbeitszeitkontos könnten etwa die Überstundenzuschläge reduziert, aber nicht völlig abgeschafft werden. Um wie viel, das ist Verhandlungssache.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wären möglichst niedrige Zuschläge von Vorteil. Denn das erleichtert es dem Unternehmen, in einer Hochkonjunktur zusätzliche Aufträge anzunehmen. Wenn dadurch der Umsatz und der Gewinn steigen, bleibt auch mehr für die Arbeitnehmer. Das ist die Win-Win-Situation, die Verfechter der Arbeitszeitflexibilisierung versprechen.

Aber tritt das nicht ein und bleibt am Ende nur weniger Geld im Börsel, dann ist das schlecht für die Arbeiter – besonders für jene, die Familie, Kredite und andere finanzielle Belastungen haben – und schadet auch der Kaufkraft.

Eine drei vor dem Komma

Das ließe sich wiederum durch einen etwas höheren Tarifabschluss ausgleichen – etwa einen, der ein drei vor dem Komma hat. Eine solche Kombination würde zwar schwächere Betriebe mehr belasten, die kaum Überstunden machen, den Stärkeren aber entgegenkommen – eine Verteilung, die am Ende volkswirtschaftlich gar nicht schlecht wäre. Denn nur die starken Betriebe werden in Zukunft neue Arbeitsplätze schaffen.

Insgesamt wäre es wichtig, dass es nach Jahren des vergeblichen Verhandelns heuer endlich den Einstieg in eine tiefgreifende Flexibilisierung gibt. Dieser kann vorerst noch verhalten ausfallen, als eine Art Testlauf.

In den folgenden Jahren müssten dann unabhängige Experten die Auswirkungen sowohl auf die Gewinne der Betriebe und die Einkommen der Arbeiter messen. Dann wüssten wir, was die Flexibilisierung wirklich bringt, und diese Erkenntnisse können in zukünftige Tarifverhandlungen mit einfließen.

Aber noch ein Jahr, in dem das Thema Arbeitszeit nur in Form ideologischer Schablonen diskutiert wird, sollten sich beide Seiten ersparen.