Zürich - Mit elektrischen Impulsen in einer Region des Mittelhirns, die für Fortbewegung zuständig ist, konnten Zürcher Forscher teilgelähmte Ratten wieder zum Laufen und Schwimmen bringen. Hirnstimulation könnte ein Ansatz sein, um Patienten mit Rückenmarkverletzungen zu behandeln, folgern sie im Fachblatt "Science Translational Medicine".

Es gebe allerdings noch keine Hinweise, dass dies auch bei Menschen funktioniere, schränkten die Forscher ein. Sollte dies der Fall sein, sei weiters unklar, bei welchen Verletzungen. Für die Studie wendete das Team um Lukas Bachmann vom Hirnforschungszentrum der Universität und ETH Zürich die Tiefe Hirnstimulation (DBS) bei den Tieren an. Dabei werden mittels Elektroden elektrische Impulse an die jeweilige Zielregion im Gehirn abgegeben, wodurch diese - abhängig von der Stromfrequenz - deaktiviert oder stimuliert werden kann.

Bewegungszentrum aktiviert

Die Mesencephale Lokomotionsregion (MLR) im Mittelhirn löst Bewegungen aus und reguliert deren Stärke. Dies war schon lange bekannt: Reizt man etwa bei einer gesunden Katze die MLR, so läuft sie los, umgeht Hindernisse oder springt. Bei den - nicht vollständig - gelähmten Ratten in der Studie konnte eine Tiefe Hirnstimulation dieses Bewegungszentrum aktivieren, wie die Forscher berichteten.

Ratten, bei denen 70 bis 80 Prozent des Rückenmarks zerstört waren und die deshalb an Bewegungsstörungen litten, konnten dadurch wieder schneller und koordinierter laufen. Vollständig gelähmte Ratten mit zu 90 Prozent verletztem Rückenmark - ein Mensch wäre damit an den Rollstuhl gefesselt - konnten beim Schwimmen ihre Hinterbeine wieder bewegen.

Erfolge bei Parkinson-Patienten

"Die Tiefe Hirnstimulation hat das Potenzial, Patienten mit Bewegungsstörungen nach Rückenmarkverletzungen zu helfen", so das Fazit der Forscher. Bei Parkinson-Patienten, bei denen der Verlust von Hirnzellen in der MLR zu Bewegungsproblemen führt, habe die Tiefenhirnstimulation bereits Wirkung gezeigt.

Von diesem Ansatz könnten besonders jene Patienten profitieren, die bereits lange mit der Behinderung leben, schrieben die Wissenschafter. Denn viele experimentelle Heilungsmethoden wie die Stammzelltherapie setzten auf das Wachstum neuer Nervenzellen. Dieses bleibe aber gut ein Jahr nach der Verletzung weitgehend aus, weshalb die Rehabilitation der Patienten ab diesem Zeitpunkt schwierig sei. Die Stimulation der MLR könnte hier neue Möglichkeiten bieten.

Damit die Hirnstimulation wirken kann, muss jedoch zumindest ein Teil des Nervenstrangs im Rückenmark noch unverletzt sein. Vorerst gebe es aber keinen Beweis, dass die Tiefe Hirnstimulation bei gelähmten Menschen funktioniere, betonten die Forscher. Sie müsse nun einmal an größeren Tieren getestet werden. (APA/red, derStandard.at, 24.10.2013)