Brigitta Jonsdottir lernt "als Anarchistin gerade das System kennen".

Foto: piratar.is

Das Elevate-Festival ist Mittwochabend im Grazer Dom im Berg eröffnet worden, wobei die internationalen Gäste sehr unterschiedliche Perspektiven auf die Möglichkeiten des Netzes eröffneten. Bis 27. Oktober geht das Multisparten-Diskurs- und Musik-Festival der Frage nach: "Elevate open everything?"

Der Moderator Johannes Grenzfurthner war schon für sich das Kommen wert. Im russischen Astronautenanzug, inklusive Helm, trat er auf und verkündete, nur dann in Graz bleiben zu wollen, "wenn's bei Elevate richtig hergeht. Ansonsten bleibt mir nur der Flug zum Mars". Zu Beginn sah es eher nach einem Flug zum Mars aus, denn auf die Autorin Ann Cotten mit ihrem vom iPhone gelesenen kurzen Einleitungsessay, reagierte das Publikum noch sehr verhalten.

Auftritt der Netzaktivisten

Weitere Gäste wie Überwachungsopfer Anne Roth ließen das Publikum jedoch aufhorchen: "Ich und meine Familie wurden sechs Jahre vom BKA in Deutschland überwacht, weil mein Mann irrtümlich unter Terror-Verdacht stand. Wir müssen uns gegen Überwachung wehren, zum Beispiel durch die Verschlüsselung von E-Mails", so die Botschaft der heutigen Aktivistin. Ein weiterer Gast war Marion Walton, die sich für neue Internet-Lösungen in Afrika starkmachte.

Wirkliche Stimmung kam bei der isländischen Parlamentsabgeordneten Brigitta Jonsdottir auf. Ursprünglich war sie in Bürgerbewegungen aktiv, heute ist sie als Abgeordnete der Piraten im Parlament. Ihr Appell des Abends: "Ich bin Anarchistin im Parlament, und ich lerne als Abgeordnete gerade das System kennen. Es wird zu einer globalen Bewegung kommen, das Internet macht es möglich."

Appelbaum: "Müssen uns anonymisieren"

Der Star des Abends war der US-Netzaktivist Jakob Appelbaum, aus dem selbst auferlegten Exil in Berlin kommend, "da ich durch meine Mitarbeit an Wikileaks in den USA als Terrorist gelte." Sehr eindringlich versuchte Appelbaum dem Publikum mitzuteilen, dass es "keine geschützten Informationen mehr gibt und wir uns anonymisieren müssen, um es den Geheimdiensten schwieriger zu machen, an Informationen heranzukommen." "Wir müssen unsere Privatheit zurückerlangen", denn es gebe keine "Post-Privacy". (APA, 24.10.2013)