Wenn in den Parteien die Bewerber damit beginnen, um die aussichtsreichsten Plätze auf Wahllisten zu kämpfen, spätestens dann ist klar: Der nächste Wahlkampf steht nicht nur vor der Tür. Er hat praktisch schon voll eingesetzt.

In Österreich gaben die Grünen nun den Startschuss für die nächsten Europawahlen, die in allen 28 EU-Mitgliedstaaten zwischen 22. und 25. Mai 2014 gleichzeitig über die Bühne gehen werden – in sieben Monaten also. Die übrigen Parteien werden demnächst mit ihren Kandidaten folgen.

"Nicht schon wieder, und wozu so früh!", mögen die Stimmbürger hierzulande denken, die von den eben erst geschlagenen Nationalratswahlen erschöpft sind. Oder die sogar schockiert sind, wenn sie nur wenige Wochen nach dem Votum sehen, wie sich die großkoalitionären Stimmenverlierer in der Regierung schamlos den ORF proporzmäßig unter den Nagel zu reißen trachten; oder wie sich das Team Stronach letztlich als ein zerbröselndes Nichts erweist. Was dessen Mandatsschleicherin Monika Lindner, die auf Twitter nur noch als "Moneyka" verspottet wird, zuletzt über ihre Rolle von sich gab, grenzt an aktive Demokratiebeschädigung.

Aber es hilft nichts. Da muss Österreich durch, zumal die kommende Europawahl die vermutlich wichtigste wird, die es je gegeben hat. Von ihr wird unter anderem abhängen, ob der Kurs der weiteren Integration und des Erhalts der Währungsunion gestärkt wird oder ob radikale EU-Skeptiker von rechts und links noch mehr Sand ins europäische Getriebe streuen können, als es einige Regierungen der Nationalstaaten ohnehin seit geraumer Zeit tun.

Vielleicht führen aber gerade die noch frischen Erfahrungen aus den vergangenen Wochen dazu, dass der Europawahlkampf etwas besser und niveauvoller wird, als es der Nationalratswahlkampf war.

Dessen wichtigste Merkmale: Regierungsparteien, die nur auf "Ball halten", auf Machterhalt spielen, die keine überzeugenden Konzepte und Inhalte für die Zukunft des Landes vorweisen können, passiv sind, werden vom Wähler abgestraft.

Fleißige, neugierige (auch junge) Initiativen wie Neos können mit Zuspruch rechnen. Einer Truppe von Schmähführern und Opportunisten hingegen wie Frank Stronach und seiner Band hilft noch so viel Geld nicht zum Erfolg. Grüne, die mehr auf Äußerliches setzen als auf Breite und Inhalt, bleiben auf dem Boden.

Und – last, but not least – eine FPÖ, die ganz auf Ausländerfeindlichkeit und Anti-EU setzt (und ganz aktuell auf Frankreichs rassistischen rechtsextremen Front National), schneidet beachtlich ab, nimmt sich aber als Regierungspartner selbst aus dem Spiel.

Für alle Parteien – auch SPÖ und ÖVP – galt: Sie brachten nicht sehr attraktive seriöse Kandidaten aufs Feld. Auf die Europawahlen umgelegt, könnte die Konsequenz lauten: Die Parteien bemühen sich, nicht Kandidaten vom Abstellgleis nach Straßburg zu schicken nach dem alten Motto "Hast du einen Opa, schick ihn nach Europa!" Schon gar nicht Blender und Schmähführer. Nein. Sie sollten es doch einfach einmal mit kompetenten Politikern versuchen, die von Europa etwas verstehen, Erfahrung haben.

Und diese sollen sich vor allem inhaltlich messen in vielen TV-Konfrontationen eines freien ORF! Wissen und Können statt Blabla, warum nicht? Europapolitik ist komplex, und die meisten Bürger sind durchaus neugierig. (Thomas Mayer, DER STANDARD, 23.10.2013)