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Wie ein Blatt im Wind: Eine Studie war da, und wieder weg, und wieder da.

Foto: APA/Hildebrand

Wien - Die Ökonomen der EU-Kommission arbeiten im Regelfall abseits des Scheinwerferlichts, doch einer der Brüsseler Experten, Jan in 't Veld, ist über Nacht zur Berühmtheit geworden.

Veld ist Autor einer Studie über die Sparmaßnahmen in der Eurozone. Am Montag sind seine Forschungsergebnisse auf der Website der EU-Generaldirektion für Wirtschaft und Finanzen veröffentlicht worden. Nach wenigen Stunden verschwand die Arbeit wieder von der Seite, ein Tweet mit dem entsprechenden Link wurde gelöscht. Nach Rückfragen tauchte das Papier wieder auf, aber im Raum steht nun der Verdacht, dass die Kommission unliebe Studien zu verbergen versucht. Veld übt nämlich ungewöhnlich scharfe Kritik an Deutschland und hinterfragt die Strategie der Kommission.

Der Ökonom argumentiert in seinem Papier, dass die Rezession die Eurozone deshalb so hart erwischt hat, weil nicht nur Spanien, Griechenland und Portugal ihre Staatsausgaben kürzten, sondern auch die Staaten im Norden sparten. Besonders die Kürzungen in Deutschland hätten die Krise im Süden verschärft.

Sparen drückt Wachstum

Zudem will Veld zeigen, dass die Sparpolitik stärker aufs Wachstum drückt als angenommen: Die EU-Kommission geht in ihren Prognosen davon aus, dass jeder Euro, um den das Staatsdefizit gesenkt wird, die Wirtschaftskraft eines Landes um etwa 0,5 Euro schwächt. Bereits der IWF hat angemerkt, dass dieser Wert zu niedrig sein dürfte. Laut Velds Berechnungen ist der Wert weit höher, ein gesparter Euro senkt das Bruttoinlandsprodukt Italiens beispielsweiße um 90 Cent. Schließlich argumentiert der Ökonom, dass Deutschland auf die falsche Strategie gesetzt hat: Da die Bundesrepublik wegen der Kapitalflucht aus Südeuropa günstig an Kredite kam, hätte die Regierung in Berlin nicht sparen, sondern in Infrastrukturprojekte investieren müssen. Dasselbe gelte auch für Österreich, die Niederlande und Finnland.

Nachdem die Studie am Montag online ging, schrieb die griechische Zeitung Kathimerini online einen Bericht. Noch vor dessen Erscheinen verschwand die Studie wieder - auf Nachfrage hieß es, das Papier müsse überarbeitet werden und werde in einigen Wochen erneut publiziert. Die Financial Times griff die Sache auf, fragte nach- kurze Zeit später ging das Dokument wieder online. Fix ist, dass die Episode Herrn Veld ausreichend Klicks garantiert. (szi, DER STANDARD, 24.10.2013)