Wien/Brüssel - Bei den Grünen ist ein Gerangel um die Kandidatur für die EU-Wahl ausgebrochen: Zwar werden Österreichs achtzehn Abgeordnete für das EU-Parlament erst am 25. Mai gewählt, doch neben Madeleine Petrovic, die mit Jahresende als Klubobfrau aus dem niederösterreichischen Landtag ausscheidet, und dem burgenländischen Landtagsabgeordneten Michel Reimon wollen sich noch "zwei oder drei" Grüne für den ziemlich sicheren zweiten Listenplatz bewerben, wie es heißt. Hintergrund: Die 59-jährige EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger will nicht mehr antreten, und Altparteichef Alexander Van der Bellen hat als Kandidat auch schon abgewinkt. Neben der Wienerin Monika Vana, 2009 auf Platz drei der grünen EU-Liste, soll sich bis zur Einreichfrist 31. Oktober auch der Steirer Thomas Waitz, Landwirt in der Südsteiermark, als Kandidat hinter der EU-Abgeordneten Ulrike Lunacek bewerben. Ebenfalls als Interessent wird Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber gehandelt, doch der erklärt im Standard-Gespräch: "Ich interessiere mich zwar sehr für Europas Agrarpolitik, möchte aber im Nationalrat bleiben."
Lunacek, schon bei der letzten EU-Wahl grüne Spitzenkandidatin, soll gemäß dem Wunsch der Parteiführung vor dem Sommer auf jeden Fall wieder auf Platz eins der Liste antreten. Die EU-Abgeordnete war 2009 erstmals ins Parlament in Straßburg eingezogen, nachdem sie sich mit ihrem Vorgänger Johannes Voggenhuber ein wildes Gefecht um den ersten Listenplatz geliefert hatte.
Der Parteitag entschied sich damals in einer Kampfabstimmung für Lunacek an vorderster Wahlfront. Der langjährige EU-Abgeordnete Voggenhuber zog daraufhin seine Kandidatur ganz zurück.
Ein solcher Streit soll diesmal vermieden werden. Lunacek hofft darauf, dass sie im Rahmen der europäischen grünen Schwesterparteien als gemeinsame Spitzenkandidatin für ganz Europa gekürt wird, wofür sie von der Führung nominiert wurde. Die Entscheidung darüber fällt im Jänner nach einer grünen Vorwahl via Internet. Alle Parteifamilien, Christ- und Sozialdemokraten. Liberale, wollen gemeinsamen EU-Kandidaten aufstellen. Gewählt werden müssen diese freilich auf nationaler Ebene. Sollte Lunacek die Nummer eins der Euro-Grünen sein, kann sie in Österreich kaum als Zweite auf der Wahlliste ins Rennen gehen, so das Kalkül. Formal wäre es möglich.
Die Kür der Kandidaten durch die heimische Basis, stets für Überraschungen gut, soll dann am 1. Dezember auf einem Bundeskongress erfolgen. Petrovic meint, dass die Abstimmung diesmal ohne größere Reibereien über die Bühne gehen wird: "Ich weiß von den anderen Bewerbern, dass sie auf eine faire Auseinandersetzung Wert legen." Und auch Reimon glaubt nicht an "Duelle".
Bei der vergangenen EU-Wahl im Juni 2009 kamen die Grünen mit 9,93 Prozent auf zwei Mandate (zum Vergleich: die SPÖ auf fünf, die ÖVP auf sechs). Intern bezweifelt mancher allerdings, dass die Partei diesmal auf ein drittes Mandat kommt, auch wenn Obfrau Eva Glawischnig als Ziel ausgegeben hat, dass die 12,4 Prozent von der Nationalratswahl übertroffen werden sollen, denn: Noch nicht im heimischen Parlament angekommen, bereitet sich auch der Hauptkonkurrent der Grünen, die Neos, schon auf die EU-Wahl vor. (Thomas Mayer und Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 24.10.2013)