Das Le Viet auf der Stubenbastei.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Immer mehr Vietnamesen erobern die Innenstadt.

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Das Ambiente mit schwarz-grau gemusterterer, dezent glitzernder Textiltapete, weiß-schwarzer Kunstlederbespannung auf Stühlen wie Bänken und allerhand effektvoll blaustichiger LED-Beleuchtung macht schon was her - derart skurril mascherln sich neue Restaurants nur noch selten auf, selbst bei uns in Zentraleuropa. In Kombination mit der offenen Küche, wo Wok und Fritter brutzeln, kommt da schon so etwas wie Exotik auf: Ob man sich wohl ein Restaurant in der Boom-Metropole Saigon inzwischen so ähnlich vorstellen kann wie das neue Le Viet auf der Stubenbastei?

Kräuterbetonte Küche

Familie Nguyen, die in der Neulerchenfelder Straße das Saigon betreibt, etabliert nach Familie Lam vom wunderbaren Pho Sai Gon in der Hegelgasse und dem überhaupt herrlichen Viet Tao der Nguyens (nicht verwandt) am Karlsplatz nun schon das dritte vietnamesische Restaurant in zentraler Innenstadtlage. Auch sonst schießen allerorten in Wien Suppenküchen, aber auch sehr erwachsene Wirtshäuser aus dem Boden, die sich dieser einzigartig leichten, kräuterbetonten Küche annehmen. Es hat gedauert, aber jetzt ist der Trend offenbar richtig losgetreten.

Was gleich einmal auffällt, ist die eloquente, aufmerksame Art, mit der Frau Nguyen die Gäste umsorgt - da nimmt sich jemand Zeit, Gerichte und Würznuancen entsprechend zu erklären, da wird auf eventuelle Allergien eingegangen, wie man sich das selbst im Fine-Dining-Bereich hierorts noch längst nicht als selbstverständlich erwarten darf.

Was allerdings auch auffällt, ist das im Vergleich doch merkbar höhere Preisniveau. Speziell bei den Weinen wird die Grenze des Akzeptablen fallweise erstaunlich weit ausgereizt. Ob ein simpler Gelber Muskateller Klassik von Sabathi (im Einkauf unter zehn Euro zu haben) wirklich um mehr als saftige 42,90 Euro je Flasche losgeschlagen werden muss, sollte vielleicht noch überdacht werden.

Kreative Füllung

Klassische Nem-Rollen gelingen dafür sehr gut, der hausgemachte Teig ist knusprig und doch elastisch, die Fülle exakt abgeschmeckt. Frische Goi Cuon sind tatsächlich frisch gerollt und werden auch kreativ befüllt - mit in Mandelblättchen gebackener Garnele statt der üblicherweise gedämpften etwa. Knuspriger Entensalat mit einer Fülle richtig frischer Kräuter und gar nicht wenig Chili ist köstlich leicht, wie er sein soll, der Papayasalat ist vergleichsweise dezent abgeschmeckt, was dem Frischekick aber keineswegs abträglich ist.

Im Vergleich dazu fallen die Hauptspeisen etwas ab. Pho Hue mit Rindfleisch ist zwar mit allerhand Kräutern versehen, der klare Fond aber erscheint trotz intensiver Zimtwürze eher flach und eindimensional, da geht sicher noch mehr. Auch die Preisgestaltung wirkt noch unstrukturiert. Während Curry mit Kokosmilch und knuspriger Ente - eh gut - um 17,90 Euro aus der Küche kommt, schlagen die vergleichsweise aufwändigeren - und ausgezeichneten - hausgemachten Reisnudeln aus dem Wok mit derselben Portion Ente nur mit 13,90 zu Buche. In Summe aber ein erfreulicher Neuzugang. (Severin Corti, RONDO, DER STANDARD, 25.10.2013)