Auf dem Campus der Stanford University: Studieren im Park und in einer Atmosphäre, in der man Grenzen überschreiten will.

Foto: Peter Illetschko

Der österreichische Stanford-Physiker Fritz Prinz.

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Wer würde hier nicht gerne studieren? Am 3310 Hektar großen Campus der Stanford University in Kalifornien. Eine riesige grüne Anlage, "Farm" genannt, mit historischen und neueren Bauten, 15.723 Studierende, aber dafür fast 2000 Professoren. Das heißt: Auf jeden Professor fallen nur acht Studenten. Eine Situation, von der die Universität Wien nur träumen kann: 91.362 Studierenden stehen hier laut Uni Wien-Pressestelle 816 Professoren (inlusive Assoziierten, außerordentlichen und Assistenzprofessoren) gegenüber.

Stanford ist freilich eine Privatuniversität: Die Aufnahmekriterien für Studenten sind deutlich strenger als in Wien. Von 39.000 Bewerbern wurden zuletzt etwa 1700 aufgenommen. Entscheidungskriterien sind die Schulnoten, Empfehlungen der Lehrer und die Bewerbungsschreiben der Studenten.

Die Studiengebühren betragen rund 40.000 Dollar (29.100 Euro) pro Jahr, wobei die Zulassung völlig unabhängig vom Geld erfolgt. "Wir haben hier keinen Studenten, der zugelassen wurde und es sich nicht leisten kann", betont der Österreicher Fritz Prinz, der die Robert-Bosch-Professur für "Mechanical Engineering" an der Stanford School of Engineering innehat, vor einer aus Wien angereisten Journalistengruppe. Studenten mit einem Familieneinkommen von unter 60.000 Dollar im Jahr müssen daher gar nichts bezahlen.

Das Jahresbudget von Stanford übertrifft mit umgerechnet rund 3,47 Mrd. Euro jenes aller österreichischen Unis zusammen (rund 2,5 Mrd. pro Jahr). Prinz erzählt, dass Stanford nicht von Studenten lebt, sondern von erfolgreichen, glücklichen Absolventen. Die Spenden belaufen sich im Jahr auf etwa eine Milliarde Dollar.

Prinz beschreibt den "Spirit" der Volluniversität. "Wir sind eine klassische Bottom-up-Universität, das heißt: Die Ideen kommen von den Studenten, die die Universitätsleitung und die Professoren ständig herausfordern - und dabei durchwegs provokant sind. "Man geht hier nicht nur an die Grenzen dessen, was technisch machbar und denkbar ist."

Viele würden die Welt verändern wollen und im besten Fall damit auch Geld verdienen. Also gründen sie Unternehmen und finden im Umfeld von Stanford mit dem Silicon Valley den besten Boden dafür vor. Andere gehen mit Projekten in die Dritte Welt und entwickeln zum Beispiel eine Lampe für ein Dorf, das ohne Stromversorgung auskommen muss. Gerade in der Physik gäbe es viele, die vordergündig nicht aufs Geld schauen.

Silicon Valley ist der Kontrapunkt zu Österreich

Hewlett-Packard war das erste Technologieunternehmen im Silicon Valley. Heute sitzen auch der Chiphersteller Intel, der Social-Media-Riese Facebook oder das Pharmaunternehmen Gilead dort, wo der österreichische Biochemiker Norbert Bischofsberger Vizepräsident ist. Hier werden vor allem HIV-Therapeutika entwickelt. Bischofsberger selbst wurde durch die Entwicklung des Grippemittels Tamiflu bekannt. Silicon Valley ist der Kontrapunkt zu Österreich. Wer einmal mit einer Unternehmensidee scheitert, wird als erfahren betrachtet. Nach mehrfachen Katastrophen bekommt er auch dort kein Geld mehr. Hierzulande wird man sofort als "Verlierer" abgestempelt.

Für die Wissenschafter der Stanford University gelten übrigens im Zusammenhang mit Firmengründungen strenge Regeln. "Wenn ich an einem Start-up beteiligt bin, darf ich keine Forschungsaufträge von ihm übernehmen. Ich kann nur beratend aktiv sein", sagt Prinz. Die Gelder für seine Arbeiten - es geht unter anderem um Grundlagenforschung für neue Halbleiter - kommen von Intel oder Samsung.

Zu Österreich befragt, kritisiert Prinz vor allem die Accounting-Systeme an den heimischen Unis. In Stanford würde man genau abrechnen, was ein neues Gerät im laufenden Betrieb und ein Studienplatz kosten. Das sei in Österreich zuletzt nicht der Fall gewesen. (Peter Illetschko aus Palo Alto, DER STANDARD, 23.10.2013)