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Triple A für gute Poster fordert Franz Strohmeier.

Vielleicht bin ich etwas altmodisch, weil ich nur poste, was ich auch als Leserbrief einschicken könnte (wobei das natürlich nur sehr bedingt vergleichbar ist), und weil ich (nur?) vielleicht drei-, viermal bewusst untergriffig geworden bin (als Reaktion auf Ad-hominem-Angriffe) – somit naiverweise glaube, dass die gute Kinderstube ausreichen sollte.

Aber die Kritiker (Armin Wolf und Carsten Hebestreit, Anm. der Redaktion) haben recht, es gibt immer mehr Postings in immer mehr Foren, die ein Kopfschütteln hervorrufen – nur sollte man ein wenig aus dem österreichischen Tageszeitungsbiotop herausgehen und vielleicht ein paar Diskussionen zum Beispiel auf dem Newsticker von Heise online verfolgen – das entspricht im Vergleich einem alten Antel-Film im Verhältnis zu den Sachen, die sich heutzutage Schulkinder am Smartphone ansehen können.

Pseudonym ist wichtig

Trotz allem bin ich ein Verfechter der Möglichkeit, unter einem Pseudonym im Sinne eines Künstlernamens zu arbeiten. Ich habe den im STANDARD auch beibehalten, als es da vor einiger Zeit eine Option zur Umstellung gab.

Warum? Nun, auch ein Postername hat eine gewisse, lange erarbeitete Street Credibility (jetzt im Sinne von Bekanntheitsgrad), die man nicht so einfach über Bord wirft. Auch geht es manchmal um Äußerungen, die im Zusammenhang mit der beruflichen beziehungsweise geschäftlichen Tätigkeit zu Konflikten führen könnten.

Aber ein für mich wesentlicher Punkt ist auch die auf die Sekunde eingrenzbare Nachvollziehbarkeit des Postens selbst:

Das Surfen im Internet ist weitgehend anonym; das ewig lange Tratschen am Gang, der Aufenthalt in der Kaffeeküche und auch die x-te Zigarette im Freien bleiben unregistriert – das Posten in der Dienstzeit (auch nach dem "Fair-Use-Prinzip") ist es nicht.

Die Zahl derer, die das Posten als Teil des Berufs und ihrer Aufgabe wahrnehmen können und sollen, ist enden wollend – und eine Forumsdiskussionskultur mit Postings rein in der Freizeit und am Wochenende verdorrt meiner Meinung nach sehr schnell.

Was ist aber die Lösung des Dilemmas, wie geht man vor, um ein Forum (von allen rechtlichen Aspekten jetzt einmal ganz abgesehen) von hetzerischen, sexistischen und kriminellen Postings freizuhalten?

DIE Lösung gibt es nicht

Sorry, die Lösung habe ich auch nicht (sonst wäre ich jetzt nach Diktat verreist und suchte mir einen Venture-Kapitalgeber). Aber meiner Meinung nach kann der Weg nur über Qualität statt Quantität gehen – solange Medien über reine Klickzahlen honoriert werden, haben sie nur die Wahl zwischen zwei Übeln.

Daher ein paar lose angeordnete Ideen (und sollte mir jetzt jemand mit der Elitarismuskeule kommen – dem beziehungsweise der erzähle ich gerne per persönliche Mail etwas über meine Biografie).

Somit (dass ich dieses Wort einmal positiv besetzt verwenden muss!):

Ratingagenturen für Poster!

Die Grundidee besteht darin, Leserinnen* von Foren ein Profil erstellen zu lassen, welche Postings sie sehen wollen, je nachdem, ob sie von einem AAA oder einem E-Poster stammen – eventuell versehen mit einer Option, zufallsgesteuert auch eine bestimmte Zahl anderer Beiträge zu sehen, um nicht immer im eigenen Saft zu schmoren.

Diese Kriterien ließen sich auch teilweise von den Forumsbetreibern schon bei der Registrierung erzwingen:

  • verifizierter Klarname bzw. verifizierter Klarname gegenüber dem Forumsbetreiber,
  • registrierte Mailadresse nicht von einem Free-Mail-Provider (sorry, gmail.com, outlook.com etc. pp.),
  • Zahl der geblockten Postings,
  • Zahl der Minus- und Plus-Bewertungen,
  • Textqualität der Postings (da gibt die Informationswissenschaft einiges her),
  • "Soziogramme" und "Zitationszirkel" unter den Postern,
  • Impact-Faktoren, errechnet zzum Beispiel auch aus der Tatsache, dass die Forumsteilnehmerin* bloggt, in anderen Foren aktiv ist, twittert,
  • "Empfohlen von"-Adelung durch Moderatorinnen* und Top-Posterinnen*,
  • bessere Sortiermöglichkeiten (auch nach Zahl der positiven und/oder negativen Bewertungen auf- und absteigend.

Und was spricht dagegen, die Teilnehmerinnen* an den Foren beim Posten darüber zu informieren, dass das Posting vom Rechner mit der IP xxx.xxx.xxx.xxx abgeschickt wurde?

Warum nicht in den Foren auch transparenter sein und bekanntgeben, wie oft die Daten von Posterinnen* wegen zivilrechtlicher Ansprüche und/oder strafrechtlicher Verfolgung herausgegeben werden mussten?

All diese Maßnahmen bedeuten Aufwand, sie kosten Geld – aber ich vermute mal, sie rechnen sich, wenn man der Werbewirtschaft nicht nur eine hohe Anzahl von Klicks, sondern auch eine vielleicht geringere Anzahl von "qualifizierten" Klicks nachweisen kann. (Franz Strohmeier, derStandard.at, 23.10.2013)

Franz Strohmeier, SAP-Spezialist in einem Beratungsunternehmen und Lehrbeauftragter an der Universität Graz, hat bereits einen Leserkommentar verfasst. Seit einigen Monaten macht er erste Schritte als Blogger Jagerhansl.