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Fast zeitgleich haben sich in Europa der Neandertaler (links) und in Afrika der moderne Mensch entwickelt. Wer ihr gemeinsamer Vorfahre war, bleibt bis heute eine Rätsel.

Foto: REUTERS/American Museum of Natural History

Die neun Beispiele zeigen den Variantenreichtum bei Backenzähnen bei Neandertalern, Menschen und potenziellen Vorfahren der beiden Menschenarten.

Foto: Aida Gómez-Robles

Die ältesten Fossilien, die von der Mehrzahl der Anthropologen als klassische Neandertaler-Überreste identifiziert werden, stammen aus dem heutigen Kroatien und sind rund 130.000 Jahre alt. Etwa 160.000 Jahre alt sind die frühesten Belege für den modernen Menschen aus Äthiopien. Sicher ist, dass Homo neanderthalensis und Homo sapiens auf einen gemeinsamen Ahnen zurück gehen - doch welche diese frühe Menschenart gewesen sein könnte, stellt für die Wissenschaft noch immer ein Rätsel dar. Selbst ein aktueller Versuch, diesem Missing Link anhand von Zahnrekonstruktionen auf die Spur zu kommen, scheiterte.

Ein internationales Forscherteam hat bei dieser Untersuchung die Zähne von modernen Menschen und Neandertalern als Vorlage genommen. Mit Computern modelliert sie, wie die Zähne des letzten gemeinsamen Vorfahren ausgesehen haben könnten. Das Ergebnis sieht durchwegs anders aus, als alles, was man bisher ausgegraben und untersucht hat, berichten die Forscher in der Fachzeitschrift "PNAS".

Von Homo erectus bis Homo antecessor

Unter Anthropologen kursieren unterschiedliche Thesen, wer die unmittelbaren Ahnen der Neandertaler, die sich in Europa entwickelten, und den modernen Menschen, die sich währenddessen in Afrika bildeten, sind. So könnten beide die Nachfahren von Heidelbergmenschen (Homo heidelbergensis) sein. Auch Homo erectus wird als Urahn vermutet, ebenso wie Homo ergaster, der nur in Afrika gefunden wurde und genauso gut ein etwas ältlicher Homo erectus sein könnte. Darüber hinaus wird auch Homo antecessor in Betracht gezogen, dessen Fossilien man im nördlichen Spanien ausgegraben hat. Aber auch bei ihm ist es umstritten, ob er überhaupt eine eigene Art ist.

Die Zähne der vier Urmenschenarten, die aus der Zeit stammen, wo sich Neandertaler und moderne Menschen vermutlich geteilt haben, sehen jedenfalls allesamt anders aus, als jene, die Computermodelle als Zahnform des "letzten gemeinsamen Ahnen" berechneten, meint die Leiterin der Studie, Aida Gomez-Robles von der George Washington Universität. Außerdem seien die in Europa gefundenen Zähne dieser älteren Menschenarten eher mit Neandertaler-Zähnen vergleichbar, als mit denen von modernen Menschen. Die in Asien und Afrika gefundenen Zähne seien weder den einen noch den anderen ähnlicher, berichtet Gomez-Robles, die dazu auch als "Fellow" am Konrad Lorenz Institut für Evolutions- und Kognitionsforschung in Altenberg (Niederösterreich) forschte.

Unveränderte Neandertaler-Zähne oder falsche Datierungen

Dafür könnte es verschiedene Gründe geben, meinen sie: So wäre es möglich, dass sich die Zähne der Neandertaler kaum verändert haben, während jene der modernen Menschen sich rascher entwickelten. Auch könnten die jüngsten Schätzungen mit molekularen Methoden den Zeitpunkt als zu spät annehmen, an dem sich die Wege der Neandertaler und der modernen Menschen getrennt haben. Anstatt vor weniger als 500.000 Jahren könnten die beiden bereits vor einer Million Jahren auseinandergegangen sein, so die Forscher. (APA/red, derStandard.at, 26.10.2013)