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Streit über Bildungseinrichtung Kindergarten.

Foto: Reuters/Pfaffenbach

Graz - An manchen Tagen passiert es auch Eltern, dass sie früher mit der Arbeit fertig werden als gewöhnlich. Das kommt in fast allen Berufen einmal vor und wer könnte es den Vätern und Müttern verdenken, ihre Kleinkinder dann auch früher aus dem Kindergarten abzuholen, um vielleicht noch etwas Nettes mit ihnen zu unternehmen. Doch so einfach ist das nicht.

Private Kindergärten in der Steiermark müssen sogar Eltern ausdrücklich darum bitten, ihre Kinder länger dazulassen, selbst wenn es sich nur noch um eine halbe Stunde handelt. Denn in den letzten Monaten häuften sich in Kindergärten mit sogenanntem erweiterten Ganztagesbetrieb, der anders als der normale Ganztagesbetrieb seine Pforten nicht nur 10, sondern in einer Art Gleitzeitmodell 10 bis 14 Stunden offen hält, die Kontrollen des Landes. So auch im Interkulturellen Bildungsgarten in Graz.

Reformpädagogischer Herzeigebetrieb

Das Team des Kindergartens, der seit über 20 Jahren österreichweit ein reformpädagogischer Herzeigebetrieb in Sachen Integration ist, stieg deswegen schon im Frühsommer mit einer Pressekonferenz und Unterstützung des Kinderpsychiaters Max Friedrich auf die Barrikaden. Wenn nämlich abends bei einer nicht angekündigten Stichprobe nicht alle angemeldeten Kinder zugegen sind, verliert der Kindergarten Geld. Geld, das er dringend benötig. Es sind rund 1500 Euro zusätzliche Förderung.

Ein weiteres großes Problem sei die Regelung, die Eltern während der Sommermonate aus der Sozialstaffelung (Förderung) des Landes fallen lässt, auch wenn ihnen diese zusteht, wenn sie nicht zu bestimmten Zeiten auf Urlaub fahren.

Frage der Bedürfnisse

Wegen all diesen Regelungen die "den Bedürfnissen von Kindern, Pädagogen und Eltern diametral entgegenstehen", wie Brigitte Oberzaucher aus dem Vorstand des Kindergartens erklärt, war man auch schon im April beim zuständigen Landesrat  Michael Schickhofer (SPÖ). "Von einer Mitarbeiterin war uns eine Antwort bis Mai versprochen worden", ärgert sich Oberzaucher, "jetzt ist es Oktober".

Auf Standard-Nachfrage im Büro Schickhofer, der den in seiner Existenz bedrohten Kindergarten auf seiner Web-Site als Beispiel des „Erfolgsprojektes Frühe Sprachförderung“ in der Steiermark führt, wird bestätigt: "Das Kind muss in den Sommermonaten vier volle Betriebswochen, und zwar durchgehend, eingeschrieben sein, um die Förderung laut Sozialstaffel zu beziehen."

Und was die Kontrollen der Abholzeiten von Eltern mit flexiblen Arbeitszeiten angeht, sagt Schickhofers Sprecher: "Ein Kindergarten ist eine Bildungseinrichtung und da muss es auch Kontinuität geben. Außerdem sind manche Kinder frustriert, wenn andere früher geholt werden". Ein Faktum, das bei Gleitzeiten aber immer gegeben sein kann.

"Kindgerechte Betreuung"

Das Team des Kindergartens hat da eine ganz andere Erfahrung: "Eine kindgerechte Betreuung, die Erfüllung des Anspruches, einen Kindergarten als frühkindliche Bildungseinrichtung zu verstehen“, sei genau durch die Kontrollen und Einschnitte „nicht mehr gewährleistet“, erklärt Oberzaucher.

Zudem gebe es ja viele Eltern mit verschiedenen Dienstzeiten. "Eine Kassiererin hat vielleicht einmal von sieben bis 15 Uhr Dienst, ein andermal beginnt sie später und muss bis abends arbeiten." Damit konfrontiert, erklärt Schickhofers Sprecher: "Aber es kann sein, dass ein Kindergarten Förderungen kassiert und die Kinder nicht mehr da sind, deswegen gibt es die Kontrollen. Das ist öffentliches Geld, das nicht missbräuchlich verwendet werden darf.“

Im Kindergarten versteht man das und hat dem Land deshalb auch schon alternative Modelle vorgeschlagen, "die Flexibilität zulassen und Missbrauch trotzdem ausschließen", erzählt Oberzaucher. Etwa, dass man ein Kind 50 Stunden im Monat anmeldet und diese Stunden nach Bedarf konsumiert. "Das haben wir Landesrat Schickhofer auch schriftlich vorgeschlagen, aber wir haben nie eine Antwort erhalten." (Colette M. Schmidt, derStandard.at, 21.10.2013)