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Europas größtem Softwarekonzern SAP spielt die Ausspäh-Affäre um den US-Geheimdienst NSA in die Karten. Die Walldorfer verspüren rege Nachfrage nach Produkten der boomenden Cloud- Dienste, mit denen sie für Kunden Daten und Programme in ihren Rechenzentren speichern können. Es sei ein enormer Wettbewerbsvorteil, dass SAP in Europa strengsten Datenschutz anbieten könne, erklärte der im Mai scheidende Co-Chef Jim Hagemann Snabe am Montag. Die Unternehmen seien sich des Themas Sicherheit stärker bewusst und interessierten sich zunehmend für "Cloud made in Europe". Im Unterschied zu den Moll-Tönen der US-Konkurrenz gab sich SAP für das Gesamtjahr optimistisch, was die Aktien kräftig in die Höhe trieb.

SAP bezeichnet sich als "vertrauenswürdiger Anbieter" in der neuen Schlüsseltechnologie der Branche. Hier sieht sich der Weltmarktführer für Firmensoftware auf Erfolgskurs: Von Januar bis September verdreifachte sich der Umsatz im Cloud-Geschäft im Jahresvergleich auf 547 Millionen Euro. Das sind zwar erst 4,6 Prozent des Gesamterlöses von 11,8 Milliarden Euro - doch bis 2015 will SAP mit zwei Milliarden Euro schon zehn Prozent des dann erhofften Jahresumsatzes damit erzielen.

Geheimdienste in den USA und Großbritannien spähen seit Jahren im Internet Daten aus, was Unternehmen rund um den Globus verunsichert hat. Die US-Computerindustrie warnte unlängst vor den Folgen. In einem Brandbrief an die US-Regierung schrieben mehre IT-Verbände, dass der Branche bis 2016 Umsätze von 35 Milliarden Dollar verloren gehen könnten, wenn Käufer nicht mehr auf die Sicherheit von Computern und Software zählen könnten. Die Marktforscher von Forrester Research gehen sogar von 180 Milliarden Dollar Einbußen aus. Das könnte dann auch SAP auf seinem zweitwichtigsten Markt USA treffen.

"Wir sind jetzt der zweitgrößte Cloud-Anbieter", erklärten Hagemann Snabe und sein Kollege an der Konzernspitze, Bill McDermott. Als Marktführer sieht SAP hier den US-Anbieter Salesforce. Die Zahl der Cloud-Kunden, die sich bei SAP zur Datenspeicherung oder für Anwendungen über das Internet Server-Kapazitäten mieten, stieg im abgelaufenen Quartal um drei auf 33 Millionen.

Gegenwind

Insgesamt schlägt sich SAP derzeit - trotz Gegenwinds durch schwächelnde Währungen in Asien - besser als die US-Konkurrenz. Während IBM und Oracle mit sinkenden Erlösen kämpfen, wuchsen bei den Walldorfern die Umsätze von Juli bis September um zwei Prozent auf 4,06 Milliarden Euro. Zu schaffen macht SAP allerdings der von Japan gezielt vorangetriebene Kursverfall der Landeswährung Yen um fast 25 Prozent in diesem Jahr. Ohne diesen Effekt hätte das Wachstum neun Prozent betragen. Das Betriebsergebnis schnellte wechselkursbereinigt um 15 Prozent auf knapp 1,3 Milliarden Euro hoch. Der Nettogewinn kletterte dank Kostensenkungen um zwölf Prozent auf 933 Millionen Euro.

Die Abstriche durch das Auf und Ab der Wechselkurse nimmt Hagemann Snabe in Kauf. "Wir sind nicht im spekulativen Hedging-Geschäft aktiv, wir nehmen die Konsequenzen ungewöhnlicher Wechselkursentwicklungen hin", sagte er im Interview mit Reuters-Insider-TV. Sollte sich vor allem der Yen nicht erholen, würde das den Konzern im weiteren Jahresverlauf bremsen. Der Betriebsgewinn könnte dann nur noch um sechs Prozent auf 5,5 Milliarden Euro klettern und damit um sieben Prozentpunkte weniger als angepeilt. SAP bekräftigte zugleich sein Ziel, den Gewinn um Währungseinflüsse bereinigt auf 5,85 bis 5,95 Milliarden Euro zu steigern. Das sorgte bei Investoren für Erleichterung. Während der Leitindex Dax leicht nachgab, verteuerten sich SAP-Aktien um 6,1 Prozent auf 56,77 Euro. Damit war das Unternehmen größter Dax-Gewinner. DZ-Bank-Analyst Harald Schnitzer sprach von "bemerkenswert soliden" Zahlen, auch wenn der Konzern nicht ganz an die Prognosen herankam.

Im wichtigen Wachstumsmarkt China läuft das Geschäft nach dem flauen ersten Halbjahr für SAP jetzt wieder besser als etwa für IBM. "Die chinesische Wirtschaft ist die Lokomotive für die anderen in der Region, wir werden auch in den kommenden Quartalen stark in Asien sein", sagte Hagemann Snabe. Dennoch behielten die Kurpfälzer die im Juli wegen der Asien-Flaute gekappte Prognose von zehn Prozent mehr Umsatz mit Software und Wartungsdiensten bei. Daud Khan, Analyst bei der Berenberg Bank, bewertete den Optimismus positiv - schließlich hatten zuletzt neben IBM auch der US-Datenverarbeiter Teradata vor einem Rückschlag gewarnt. (Reuters, 21.10. 2013)