Monika Lindner kann ja inzwischen als Paradigma des "freien Abgeordnetenmandats" gelten, denn das hat noch niemand geschafft: sich auf eine Liste setzen lassen, (zu spät) wieder zurückziehen, ohne Wahlkampf für eine Partei gewählt werden, zuerst sagen, man werde auf das Mandat verzichten, es dann doch annehmen, aber die Partei, die einen auf die Liste gesetzt hat, verschmähen und das Mandat als "wilde" (freie) Abgeordnete ausüben wollen - das ist so frei, dass es schon wieder schwindlig macht.

Im Laufe dieses neuen Höhepunkts des Parlamentarismus sagte Frau Lindner aber auch noch Folgendes: Sie würde ja auf ihre Abgeordnetengage (rund 8300 Euro) verzichten, "aber ehrenamtliche Tätigkeiten werden nicht ernst genommen". Aha, dann sind also alle Bergretter, die ihr eigenes Leben in Gefahr bringen, um irgendeinen Verantwortungslosen aus der Lawine oder der Steilwand zu bergen, alle ehrenamtlichen Rettungsfahrer, Krankenpfleger, Kinderbetreuer, Feuerwehrleute, karitativ Tätigen, Spendensammler für Baudenkmäler, Bewährungshelfer, Klostersuppenausteiler etc., also praktisch die halbe Nation, "nicht ernst zu nehmen".

Wie abgehoben kann man sein (oder werden)? Die ehemalige ORF-Chefin Lindner war ja bis gestern auch Präsidentin des Hilfswerks Austria International - wohl doch ehrenamtlich? Das Leben in höheren Positionen kann offenbar doch zu einer Art Höhenkoller führen. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 18.10.2013)