15 Jahre lang lebte Dominique auf diesen 1,56 m². Nun entscheidet ein Gericht, ob er zu viel gezahlt hat.

Foto: Abbé Pierre

Der in dieser Woche bekannt gewordene Fall des 50-jährigen Malers Dominique, der jahrelang 330 Euro für 1,56 Quadratmeter an der Seine in Paris bezahlte und nun auf Schadensersatz klagt, schlägt hohe Wellen. Der Gerichtsfall zeigt, wie eng und teuer man in Paris generell lebt. Wohnraum ist sehr rar und sehr teuer: 40 Euro Miete pro Quadratmeter sind im Stadtzentrum üblich.

Eine 100-Quadratmeter-Wohnung in guter Lage kostet also rasch einmal 4000 Euro im Monat - unerschwinglich für die meisten jungen Familien. Aber auch aus eigentlich unbewohnbarem Raum schlagen Eigentümer Kapital; in Immobilienannoncen erkennt man Kellerräume und Rohbauten unter Prädikaten wie "untypisch" , "interessant"  oder "muss aufgefrischt werden" .

Stabilität durch staatlichen Fonds

Als Gegenmaßnahme gegen die enormen Mietpreise hat die grüne Wohnungsministerin Cécile Duflot schon im September einen Gesetzesentwurf präsentiert, der Wucherzinsen unterbinden soll. Der Entwurf sieht vor, dass die Behörden jährlich einen Durchschnittszins pro Bezirk festlegen können. Die einzelnen Mieten dürften davon nur um 20 Prozent abweichen.

Die Immobilienbranche versucht es noch mit dem Argument zu verhindern, man könne nicht alle Wohnungen gleich berechnen. Die Rechtsopposition behauptet zudem, der Wohnbau werde durch das Gesetz abgewürgt; dies steigere die Nachfrage und kurble die Preise sowie die Schwarzmarkt-Vermietung an.

Um den Vermietern entgegenzukommen, will Duflot die Zahlung der Mieten mit einem staatlichen Fonds garantieren. Dies würde auch die zwei oder drei Monatsmieten überflüssig machen, die Mieter jeweils zusätzlich und vorab hinterlegen müssen. Das Gesetzt wartet derzeit im Parlament auf seine Verabschiedung.

Gebückte Haltung notwendig

Im Fall der Mini-Dachwohnung von Dominique, die er 15 Jahre lang bewohnte, bestand das Mobiliar aus einem Waschbecken, einer Dachluke und einer Türe, die bis zur Klinke abgeschrägt war. Gebückte Haltung war angesagt, wenn der Mieter die zwei Mal zwei Meter Bodenfläche ganz ausnützen wollte. Immerhin schaffte er es, eine Matratze, ein Gestell und sogar eine winzige Kochecke einzurichten.

Auf die Idee der Gerichtsklage kam er nicht von selbst - ein Nachbar hatte die Sozialstiftung Abbé Pierre benachrichtigt, und diese hatte die Behörden eingeschaltet.

Heute wohnt er für 390 Euro im Monat in einer Sozialwohnung mit 40 Quadratmetern. Die Vermieterin und die Immobilienagentur schieben einander gegenseitig die Verantwortung zu. Das Urteil wird für Dezember erwartet, Dominique stünden bis zu 25.000 Euro Schadensersatz zu. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, 18.10.2013)